Der Abenteuerspielplatz
Drei Freunde, ein bisschen Werkzeug und viele Autos, die die besten Tage hinter sich hatten. Das Rezept für einen gelungenen Tag. Heute möchte ich euch (wieder) von einem kleinen Trip zu einem Schrottplatz berichten.
Es war kalt. Wirklich kalt.
Ich wollte es nie zugeben, aber ohne sie hätte man es wohl kaum überleben können: Ja, ich besitze ein paar lange Unterhosen – und ja, wenn ihr mich hier auf den Bildern seht, dann habe ich sie auch angehabt. Die Temperaturen waren deutlich im negativen Bereich, als Daniel, Karsten und ich uns auf einem Pendlerparkplatz in Dithmarschen trafen, um einen kleinen Ausflug zu einem der größten Autoverwerter nach Norderstedt zu machen. Ich weiß, kaum vorzustellen, jetzt im Mai – aber es war im JanuarM tatsächlich arschkalt. Okay – mehr möchte ich nun über das Wetter auch nicht mehr philosophieren, schließlich seid ihr wahrscheinlich hier, um etwas über alte Autos zu lesen. Und genau darum soll es nun auch gehen.
Nun mal Hand aufs Herz. Wir sind doch alle Jäger und Sammler. Gebt es ruhig zu! Wahrscheinlich sind wir deshalb auch in alten Autos unterwegs und freuen uns über jedes Ersatzteil, das wir entweder nicht teuer neu kaufen müssen oder das es gar nicht mehr neu zu kaufen gibt. Und die beste Quelle für uns Teile-Jäger ist wohl eine solche Autoverwertung, wie sie in Norderstedt zu finden ist. Nicht nur Karsten, sondern auch Daniel und ich hatten alle eine kleine Liste an Teilen dabei, die wir gut gebrauchen könnten. Oder die wir zumindest gerne hätten. Außerdem wollten wir mal schauen, was die Autoverwertung noch so für uns im Angebot hatte. Und wenn es nur zum Reinsetzen, Träumen und Philosophieren ist, wie gerne man so ein Auto auch irgendwann noch einmal besitzen möchte.
Und es ging gut los.
Nicht alles auf der Autoverwertung ist auch wirklich Schrott. Ich weiß gar nicht genau, warum ich von dem roten E-Kadett kein besseres Bild gemacht habe. Aber schaut mal, wie gut der noch aussieht! Der Schweller und die Radläufe waren – in alter E-Kadett-Marnier – schon mal gemacht, aber eigentlich stand dort echt ein solides Auto. Wie auch der Golf II vor ihm. Ein alter Opel steht irgendwann noch einmal auf meiner Wunschliste, auch gegen einen E-Kadett hätte ich nichts gehabt. Aber da ich an dem Tag schon mit meinem treuen Golf Variant angereist kam, wusste ich, dass ich nicht mit einem anderen, roten Auto nach Hause fahren könnte. Aber allgemein kann man richtig Glück haben, wenn man ein Auto sucht und bei den Karossen schaut, die auch die Verwertung zu schade zum Wegwerfen findet. Es juckt mich nun schon fast wieder in den Fingern, da noch einmal vorbeizuschauen.
Aber wir waren ja eigentlich auf Teilesuche. Daniel wollte nach ein paar Teilen für seinen V70 schauen, Karsten suchte nach einer speziellen Dichtungsleiste für seinen W203 – und ich brauchte ein paar Teile für meinen Passat, den ich „Arno“ genannt habe. Neben guten Türen war ich noch auf der Suche nach einem Sitzheizungsschalter. Ich möchte gerne einmal wissen, wie es ist, so etwas nachzurüsten – und der Passat wäre dafür ein super Testexemplar. Schon nach wenigen Metern tat es uns dreien aber wieder in der Seele weh. Die meisten Autos, die dort auf dem Platz ihr Ende gefunden haben, sind inzwischen fast jünger als die, die wir täglich fahren. Und ich bin mir sicher, dass viele davon noch ein langes Leben vor sich gehabt hätten.
Aber man kann sie nicht alle retten.
Auch wenn ich es bei diesem gerne gemacht hätte. Der Rover 75 ist irgendwie ein total unterschätztes Auto. Okay – Rover hatte nie den besten Ruf, obwohl sie lange Zeit durch ihre Kooperation mit Honda eigentlich verdammt gute Autos gebaut haben – einen frühen Rover 200 finde ich durchaus cool. Und auch der Rover 75 war – mit Ausnahme der K-Series-Motoren, die gerne mal unter kaputten Kopfdichtungen gelitten haben – eigentlich ein ganz stabiles Auto. Schick ist er noch dazu. Es tat mir echt leid, dass der alte Engländer dort lag. Besonders der Innenraum sah richtig gut aus, wobei er auch von außen keinen verlebten Eindruck gemacht hat. Okay – als MG ZT-T würde er mir noch eine Spur besser gefallen, aber… schade ist es trotzdem. Vielleicht brauche ich so einen doch mal irgendwann…
Ich weiß nicht, ob Daniel das gleiche vom alten Fiat Panda gedacht hat, bei dem er hier so interessiert in den Innenraum schaut. Der war – auch wenn er auf dem Foto noch relativ gut wirkt – leider gar nichts mehr. Irgendwie war der Unterboden an fast keiner Stelle mehr mit dem Rest der Karosserie verbunden. Den einmal durchzuschweißen würde tatsächlich einige Zeit in Anspruch nehmen – fast wie so ein kleiner, italienischer Hein. Trotzdem philosophierten wir darüber, wie es wohl wäre, mit so einem kleinen Fiat mal nach Italien und zurückzufahren. Das wäre bestimmt eine coole Tour – wenn auch anstrengend. Auch Karsten philosophierte fleißig mit, der einen gelben Panda 2 – eigentlich so wie der, auf dem der rote Panda steht – lange in seiner Firma laufen hatte. Kurz vor der Million war für den Wagen damals Schluss. Und da soll nochmal einer sagen, Kleinwagen aus Italien können nichts ab.
Auf Schatzsuche
Aber genug von Autos, die wir gerne gerettet hätten – auf die komme ich gleich noch einmal zu sprechen. Meine Suche nach einem Sitzheizungsschalter erwies sich übrigens als nicht sonderlich erfolgreich. Ich schaute nicht nur in jedem Passat, bei denen allen schon der Schalter fehlte, sondern auch in jedem Golf III. Zumindest inzwischen weiß ich, dass die Schalter anders sind. Aber trotzdem brachte es irgendwie Spaß. Schon wild, dass die Autos, die ich eigentlich noch sehr gut aus meiner Kindheit kenne, inzwischen schon fast „retro“ wirken. Besonders dann, wenn sie so Zierstreifen auf der Seite haben, wie dieses Golf III Cabriolet:
Ich glaube, dass das damals Original-Zubehör aus dem „Votex“-Katalog war – kann mich aber auch irren und es gehörte zu einem bestimmten Sondermodell. Wie dem auch sei – meine Suche nach dem Sitzheizungsschalter blieb leider erfolglos. Entweder waren die Autos damit nicht ausgestattet oder die Schalter waren einfach schon weg. Schade, Marmelade. Aber immerhin war Daniel deutlich erfolgreicher: Er wollte nicht nur Teile für seinen V70 haben, die er leider auch nicht gefunden hat, sondern auch Teile für einen Volvo V40. Sein Kollege hatte günstig einen erstanden und wollte den wieder fit wissen. Und V40 liegen dort (leider) mehr als genug.
Werkzeug im Einsatz
Ich glaube, Daniel brauchte den Türgriff, wenn ich mich richtig erinnere – und der war bei diesem schwarzen Exemplar noch gut. Wahrscheinlich bin ich der einzige, der einen V40 aufhebt – aber bestimmt nicht der einzige, dem der Anblick ein bisschen wehtut. Aber immerhin spenden diese Autos noch Teile für andere Artgenossen, die nnoch unsere Straßen bevölkern. Und das ist ja etwas Gutes – und auch nachhaltig. Was schon da ist und noch funktioniert, muss nicht neu produziert werden. Und oft sind es ja tatsächlich leider nur Kleinigkeiten, die Autos auf dem Schrott landen lassen, der Großteil des Autos ist ja nicht kaputt. Wobei Ausnahmen die Regel bestätigen.
An dem alten Lada 2107, in den ich mich für ein Foto unbedingt setzen wollte, funktionierte nicht mehr so viel. Der Zylinderkopf lag daneben, die Bremsleitungen waren alle durchgerostet und das Getriebe hatte ein großes Loch. Warum der da gelandet ist? Keine Ahnung. Aber einiges deutete daraufhin, dass der Wagen einer Familie bei der Flucht geholfen haben muss. Immerhin konnte er so als Held sterben – und hat sich die Ruhe nun wahrlich verdient. Wobei jedes dieser Autos, das dort auf dem Platz liegt, eine eigene Geschichte hat. Jedes dieser Autos hatte mal stolze Erstbesitzer, die ihren Neuwagen vom Vertragshändler abgeholt haben. Und nun liegen sie hier und warten auf die Presse.
Und darunter sind richtige Exoten
Wobei so ein Citroen BX inzwischen eher ein Exot ist – früher war es ja durchaus ein verbreitetes Auto. Warum dieses Exemplar dort auf einem alten Peugeot 206 thronte? Ich kann es nicht sagen. Von innen sah er noch ganz passabel aus – und auch von außen war er nicht sonderlich kaputt, wenn man mal davon absieht, dass die Heckklappe nur noch lose auflag. Wirklich schade. Mit so einem Auto könnte ich mir auch gut einen Roadtrip durch Frankreich vorstellen. Oder habe ich einfach zu viele Klischees im Kopf?
Deutlich biederer war dieses Goldstück in den Ford-Reihen. Der alte Taunus war in den 70ern bestimmt der Traum eines jeden Rentners – aber für ihn waren tatsächlich die goldenen Zeiten vorbei. Alles, was rosten konnte, war rostig und schon x-Mal übergeduscht. Aber auch er wartete in oberster Reihe darauf, vielen seiner Artgenossen Teile zu spenden. Trotzdem würde mich natürlich die Geschichte interessieren. So schimmelig, wie der Innenraum war, würde es mich nicht wundern, wenn das Auto über Jahrzehnte irgendwo im Garten oder in einer feuchten Garage sein Dasein verbracht hat.
Eine echt coole Sache
Im wahrsten Sinne des Wortes. In einem Mazda „Axela“, der hierzulande eigentlich Mazda 3 heißt, fanden wir noch dieses aufwändig bestickte Bild – das prompt auch in unseren Einkaufswagen voller Teile wanderte. Wir mögen halt ungewöhnliche Sachen. Aber trotzdem wurde uns langsam richtig kalt. Wie ihr hier auf dem Bild sehen könnt, lag noch überall ein bisschen Schnee und Eis – und dagegen helfen selbst die besten langen Unterhosen nichts. Außerdem wartete schon ein warmer Imbiss auf uns. Also packten wir unsere sieben Sachen und zuckelten langsam zur Kasse.
Schon auf dem Weg zu den Autos meinten wir, dass wir solche Touren eigentlich häufiger mal machen müssten – aber seit Januar haben wir es nicht mehr dorthin geschafft. Aber vielleicht war das ja nun auch eine kleine Inspiration für euch? Schwingt euch mit Freunden einfach mal ins Auto und fahrt zum nächsten Schrottplatz. Vielleicht habt ihr sogar noch Glück und könnt dort selbst schrauben, wie es in Norderstedt der Fall ist. Ihr werdet es auf jeden Fall nicht bereuen. Und nun ist es auf jeden Fall auch wärmer, als es im Januar noch war. Ich denke, dass ich dort bald einmal wieder hinfahren werde.
Vielleicht steht der Kadett noch da.
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