Der Kunde is Könich – wahre Werkstattgeschichten

Als Kunde geht man in die Werkstatt, gibt sein Auto ab und holt es irgendwann wieder.17506361_1411004802297379_1003372268_n

Aber was passiert eigentlich hinter den Kulissen? Hier ein paar lustige Erzählungen.

Wer von euch war schon mal so richtig in einer Autowerkstatt? Also nicht Privatscheunen und auch nicht nur zum Schlüssel- und Autoabgeben, wenn es wieder zur Inspektion muss? Die KFZ-Mechaniker unter euch garantiert. Ich auch, allerdings in Praktika ohne Ausbildung. Da passieren manchmal lustige Geschichten. Deshalb habe ich auch Blogleser Jürgen gefragt, ob er nicht einmal Lust hätte, ein paar seiner Geschichten aufzuschreiben. Seit knapp über zwanzig Jahren arbeitet der Bayer in dem Beruf, den er auch privat bei seiner großen Autosammlung weiterlebt. Sein Punto Cabriolet und seinen Volvo 960 habe ich schon einmal vorgestellt. Viel Spaß mit den Geschichten!

 

Ja, nun sitze ich hier vor einem fast leeren Dokument und weiß irgendwie nicht so recht, was ich schreiben soll. Über Werkstattgeschichten soll ich schreiben, meinte Lars. Soso. Ich erzähle einfach mal ein paar Geschichten aus dem wahren Leben.

Der Knall.

Damals war ich schon eine Weile mit der Ausbildung fertig und arbeitete noch in dem Autohaus in dem ich gelernt hatte. Ich war mit vielen Arbeiten betraut worden, so auch mit der Instandsetzung von Rostlöchern (das hasse ich bis heute!), um einen Gebrauchtwagen durch den TÜV zu bekommen.

Vom Werkstattmeister bekam ich den Auftrag, einen Toyota Starlet am Unterboden im Bereich der Rücksitzbank zuzuschweißen. Der Meister war gerade damit beschäftigt, eine Anhängerkupplung an einem Seat Alhambra Neuwagen einzubauen.

So schweißte ich also relativ lustlos vor mich hin, war kurz vor der Fertigstellung, als ein äußerst lautes BOOMMM durch die Werkstatt hallte – gefolgt von einem seltsamen Klappern. Ich dachte schon, am Starlet wäre der Tank in die Luft geflogen. Als ich mich von meinem Schock erholte und mich umsah, musste ich feststellen, dass ich nicht schuld an der Explosion in der Werkstatt war. Am Starlet und an mir waren noch alle Teile dran.

Auf der wenige Meter entfernten Werkbank sah ich einen Heißluftföhn liegen, der komischerweise auf hoher Drehzahl lief. Daneben eine halb lackierte Abdeckung für einen Anhängerkupplungsausschnitt und einen großen Farbfleck auf der Werkbank im Farbton ‚achatgrün-metallic‘. Ein Blick nach oben und ich musste lauthals loslachen: In der Werkstattdecke waren die Abdrücke einer Farbsprühdose, Reste der Dose lagen in der Nähe der Werkbank auf dem Boden.

Des Rätsels Lösung war ganz einfach:

Der Werkstattmeister war gerade im Begriff, die Abdeckkappe in Wagenfarbe zu lackieren, als ihn ein Anruf erreichte. Ein Kunde kam zum vereinbarten Termin und der Meister musste zum Empfang. Die Farbdose, die durch den von ihm abgelegten Heißluftföhn erwärmt wurde, hatte er fatalerweise vergessen. So wurde es dem Döschen etwas zu heiß, wobei es – glücklicherweise – senkrecht nach oben startete und in der Werkstattdecke einschlug. Wir konnten herzhaft darüber lachen, weil keinem was passiert war.

Ganz selbstlos.

Die nächste Geschichte passierte bei meiner nächsten Arbeitsstelle. Ich hatte eine Kupplung zu wechseln und dummerweise war ein Ersatzteil nicht vorhanden. Wir brauchten die belegte Hebebühne aber für ein anderes Auto. So habe ich mit Hilfe von Kollegen das Auto aus der Werkstatt geschoben. Wir hatten aber „Plattenhebebühnen“, auf die man auffahren musste. Beim Überrollen dieser Platten, rollte das Auto von selbst relativ schnell auf das Werkstatttor zu. Ich hatte den Fehler gemacht, in die geöffnete Fahrertür zu stehen, da irgendjemand lenken musste. Aufgrund der plötzlichen Beschleunigung des Autos kam ich ins Straucheln, die Fahrertür klappte ein Stück weiter auf, ich beschleunigte meinen Stolperschritt, fasste die Tür oben an der Hinterkante an und schon bremste das Auto federnd ab, während ich einen stechenden Schmerz in meiner linken Hand verspürte. Ich schaute auf und sah meine Hand zwischen Fahrertür und der Schiene des Werkstatttors klemmen.

Durch meinen schnellen, selbstlosen, unüberlegten und eigentlich ungeplanten Eingriff hatte ich also eine Beschädigung des Kundenfahrzeugs verhindert. Meiner Hand ist übrigens fast nichts passiert, das Kundenauto blieb heile.

Break(down)dance.

Zu meinen Kollegen zählte auch ein altgedienter Mitarbeiter, der kurz vor der Rente stand. Er hatte oft unkonventionelle Lösungen, einen Fehler zu finden. So hatten wir einmal ein Auto, das ab und zu stotterte und nicht auf allen Zylindern lief. Der Kollege hatte eine ganz einfache Möglichkeit gefunden, den Fehler zu lokalisieren: Alle Zündkabel abziehen und wieder leicht aufstecken, dann schauen, welches Kabel beschädigt ist – das würde nämlich auf den Motor ‚durchschlagen‘. Gesagt – getan. Der Befehl vom Kollegen ging an den Azubi im Auto: „Jetzt starten!!! – Nein, Moment!“ – Der letzte Befehl erreichte den Mann am Zündschlüssel aber einen Bruchteil zu spät: Während der Kollege im Motorraum noch ein Zündkabel richtig ablegte, drehte der Azubi den Schlüssel um. Die Folge war ein zappelnder Fast-Rentner, der einen astreinen Breakdance vor dem Auto hinlegte. Den Fehler hatten wir übrigens gefunden und das defekte Zündkabel ausgetauscht.

Auf dem Schlauch gestanden.

Der altgediente Kollege brachte übrigens noch eine richtig, richtig lustige Aktion: Nach einem Zahnriemen- und Wasserpumpenwechsel ließ er in der Werkstatt den Motor warmlaufen, um das Kühlsystem zu entlüften. Dazu montierte er einen Absaugschlauch am Auspuff und steckte den Schlauch in das dazugehörige Loch der Absauganlage. Das Warmlaufenlassen ging dem Kollegen nicht schnell genug, also setzte er sich ins Auto und ging auf Probefahrt. Eine halbe Minute später kam der Werkstattmeister wutentbrannt in die Werkstatt und brüllte: „Wo ist der Kollege? Der zieht den Abgasschlauch hinter sich her!!!“

Der Meister wartete ungeduldig die Rückkehr meines Kollegen ab und stellte ihn mit hochrotem Kopf und den Worten: „WO IST DER ABGASSCHLAUCH???“ zur Rede, bevor dieser das Auto verlassen konnte. Süffisant grinsend und ganz ruhig ging der Kollege zum Fahrzeugheck, öffnete den Kofferraum und zog zur Belustigung aller Mitarbeiter den intakten Schlauch aus dem Gepäckabteil und hielt ihn dem Meister direkt vors Gesicht. Der Meister ging mit schamroter Miene und ohne ein weiteres Wort zu verlieren zurück zu seinem Schreibtisch und ward den ganzen Tag über nur noch selten in der Werkstatt zu sehen.

„Geht doch noch zu!“

Dieser Kollege hat unseren Meister eh öfter ein paar Nerven gekostet. Aufgrund angespannter Auftragslage stapelten sich die Autos vor der Werkstatt. Wenn man eine Hebebühne brauchte, musste man warten. Arbeiten, die ohne Hebebühne zu machen waren, wurden teilweise vor der Halle durchgeführt.

Besagter Kollege hatte das Auto auf der Hebebühne fertig, konnte also den Platz frei machen. Sehr praktisch war, dass hinter jeder Hebebühne ein separates Tor vorhanden war, man brauchte also nur geradeaus rausfahren. Das hat der Kollege auch gemacht. Leider hatte er nicht bedacht, dass er die Motorhaube vorher schließen hätte sollen. Beim Überfahren der Hebebühnenplatten gab es natürlich diverse Erschütterungen – die Motorhaube fiel zu. Das war kein Problem, da man diese Motorhaube sowieso noch in die Verriegelung schieben musste. Was mein Kollege aber nicht bemerkt hatte: Die hintere rechte Türe öffnete sich durch die ruckartige Beschleunigung, als es von den Hebebühnenplatten herunterging. Die gesamte Belegschaft beobachtete das und wies den Kollegen im Auto lautstark auf die offene Türe hin. Er ignorierte das gekonnt und bewegte das Auto zielstrebig flott und mit lautem Krachen aus der Halle.

Unser Meister bekam das logischerweise auch mit – der Lärm war nicht zu überhören – und wies den Mechaniker in seiner bekannt liebenswürdigen Art und mit deutlich errötetem Haupt auf dessen Fehler hin. Die Reaktion vom Mechaniker erfolgte prompt und er schloss die rechte Fondtür mit dem Spruch: „Was willste denn? Die Tür geht doch noch zu!“

Diese Bemerkung und die Untergrabung seiner Autorität vor versammelter Mannschaft brachte den Meister schier zum Platzen. Die folgende Schimpftirade nahm der Kollege grinsend zur Kenntnis, drehte sich wortlos um und machte sich wieder an die Arbeit.

Zum Kunden war der Meister selbstverständlich wieder sehr freundlich und zuvorkommend und das Auto wurde ohne Diskussion vollkommen repariert an den Kunden ausgeliefert.

And it burns, burns, burns.

Der nächste Fall ging zwar gut aus, hätte aber schlimme Folgen haben können.

Ein Kunde stellte eine Luxuslimousine mit 12-Zylinder-Motor bei uns auf den Werkstatthof, bei der von einer anderen Werkstatt der Motor ‚instandgesetzt‘ wurde. Leider lief der Motor überhaupt nicht. Ein Kollege von mir nahm sich den Patienten vor und stellte zuallererst die Steuerzeiten ein. Wir fanden nämlich heraus, dass ein neuer Zylinderkopf montiert wurde. Gefunden hatte mein Kollege zudem, dass irgendwo ein Leck im Kraftstoffsystem sein musste – im Motorraum roch es nach Benzin. Ich erklärte mich dazu bereit, den Motor kurz zu starten, damit mein Kollege sehen konnte, wo das Benzin austritt.

Gesagt, getan: Schlüssel ins Zündschloss, starten – eine riesige Stichflamme schoss aus dem Motorraum, vor der mein Kollege gerade noch so zurückweichen konnte. Ich saß total geschockt auf dem Fahrersitz, schaute den Zündschlüssel an, den ich sofort abgezogen hatte und fragte mich allen ernstes, wieso der Motor noch weiterbrannte, obwohl ich den Schlüssel in der Hand hatte. Sekunden später konnte ich dann doch wieder einen klaren Gedanken fassen und eilte den anderen Kollegen zu Hilfe, um das Auto zu löschen. Einer schlug von oben auf die Flammen ein, während ein anderer mit einem Wasserschlauch unter dem Auto den Brand löschen wollte. Erst der herbeigeeilte Meister konnte mit einem Pulverlöscher das Feuer ersticken. Dass die Werkstatt danach wie eine Wüste aussah, brauche ich nicht zu erzählen.

Ursache für das Ganze waren verkehrt eingestellte Steuerzeiten aufgrund eines Leichtsinnsfehlers meines Kollegen. Das Benzinleck wurde aber von der vorher tätigen Werkstatt verursacht: Sie hatten die Dichtungen für die Einspritzventile an die falsche Stelle gebaut, sodass diese nicht mehr abdichten konnten. Durch meinen Startversuch kam es zu Fehlzündungen aus dem Ansaugkanal, die das Benzin entzündeten, das im V-Raum des Motors rumschwappte.

Das durch den kurzen Brand leicht beschädigte Auto haben wir selbstverständlich wieder ordentlich instandgesetzt und repariert an den Kunden übergeben.

 

Ich hoffe, Ihr hattet etwas Freude an meinen Erzählungen und hiermit gebe ich das Wort zurück an Lars.

Vielen Dank Jürgen für die lustigen Geschichten! Meine Lieblingsgeschichte ist eindeutig die mit der Tür. „Geht doch noch zu“. Vielleicht machen wir hier ja eine kleine Serie draus. Was meint ihr? Und was habt ihr schon alles so erlebt? Ich bin gespannt.

 

Über Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.
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0 Antworten zu Der Kunde is Könich – wahre Werkstattgeschichten

  1. marcrudin sagt:

    Gerne mehr davon, die Geschichten sind echt amüsant, direkt aus dem Leben eben. 🙂

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