Ich bin euch da schon seit längerer Zeit eine Geschichte schuldig. Eine schöne Geschichte.Und zwar die Geschichte, wie Ove eigentlich zu mir gezogen ist. Das war ein Abenteuer…
Ich weiß es ganz sicher.
Einige von euch haben mich bestimmt schon vergessen. Mein Name ist Lars, ich bin 28 Jahre alt, wohne an der Nordsee und bin eigentlich Hobby-Blogger. Aber irgendwie war in den letzten Monaten so viel los, dass ich kaum dazu gekommen bin, euch ein paar Geschichten über all die alten Autos in meinem Leben, zum Besten zu geben. Ich schäme mich schon, denn eigentlich ist das hier meine kleine Herzenswelt. Hier kann ich schreiben, was ich will und mir all den Müll von der Seele tippen, der in meinem Kopf hin und her schwebt. Und genau das möchte ich nun wieder häufiger machen. Ich weiß – ich habe das schon lange versprochen, aber dieses Mal meine ich es so. Ernsthaft. Ihr werdet es sehen! Und den Startschuss möchte ich mit einer Herzensgeschichte anfangen. Sie handelt von Ove, meinem Volvo Amazon Kombi, den ich im März gekauft habe. Und um den Kauf soll es auch gehen.
Dazu müssen wir aber erst einmal einen kleinen Sprung zurück in den Februar machen. Es war ein gemütlicher Abend, als ich – müde vom Tageswerk – gemütlich in meiner Küche saß und bei YouTube nach Oldtimervideos stöberte. Was man halt so macht, wenn man eigentlich gleich ins Bett möchte, aber der Weg gefühlt irgendwie viel zu weit ist. Neben motivierenden W124er-Videos schaute ich auch nach Filmen über alte Volvos – wohl nicht gerade überraschend. Was mich aber überraschte, war ein Video, das ich nach vielen Jahren wiederfand und das damals bei mir mehr als einen bleibenden Eindruck hinterlassen hatte. Und das war dieses Video:
Dream a little dream
Zwei Minuten zwanzig können einiges ändern. Als ich das erste Mal dieses Video sah, bei dem ein junges Paar „nur“ ihren Urlaub in Norwegen mit wunderschönen Drohnenaufnahmen dokumentiert hat, hatte ich kaum Augen für die wunderbare Landschaft – sondern nur für den Volvo, mit dem das Paar ihren Urlaub bestritten haben. 2017 fand ich das Video, nachdem es relativ frisch hochgeladen war – und wusste schon damals: Genau so ein Auto möchte ich haben. Die niedrige Dachfläche, die glänzenden Chromteile und der große Kofferraum waren eigentlich genau das, was ich in einem (für mich) perfekten Auto suchte. Ich wollte nie einen Ferrari oder einen Lamborghini. Ich mochte schon immer Kombis. Und der Amazon Kombi war nach den zwei Minuten zwanzig der Kombi aller Kombis für mich. Auch weil ich durch Elsa wusste, wie gut so ein alter Volvo fährt.
Jahrelang sparte ich jeden Cent (abgesehen von zwei Mercedes W124 zwischendurch) und meinte immer wieder, dass wenn ich mir noch einmal ein Auto kaufen sollte, es auf jeden Fall ein Amazon Kombi werden sollte. Dunkelgrün oder dunkelblau hatte ich mir als Farben vorgenommen. Nicht nur, weil ich es ziemlich elegant fand, sondern auch, weil all die Chromteile dadurch noch mehr zur Geltung kommen. Außerdem wollte ich dann auf jeden Fall ein Overdrive-Getriebe, die tiefen Stahlfelgen und den Kühlergrill eines frühen Amazons haben. Und am liebsten noch eine Anhängerkupplung. Aber träumen konnte ich viel. Mit jedem Euro, den ich sparte, stiegen die Preise. Teilweise kosteten selbst schon Autos, die viel, viel Arbeit brauchten weit über zehntausend Euro. Und so kam es tatsächlich, dass ich den Traum fast ein bisschen begrub.
Bis zum letzten Jahr
Letztes Jahr entschied ich mich dazu, zumindest es zu versuchen, mir doch noch einmal meinen Traum zu erfüllen und setzte einen Suchauftrag bei verschiedenen Portalen rein. Aber das Ergebnis war eher ernüchternd. Entweder war es die falsche Farbe – oder die Autos waren so teuer, dass ich nicht mal mit dem Verkauf meiner eigenen Organe genügend Geld zusammenbekommen hätte. Im September letzten Jahres fand ich dann einen – in dunkelgrün und eigentlich mit all den Modifikationen, die ich gerne gehabt hätte. Einen kleinen Seitenschaden hatte er, war dafür aber bezahlbar, fahrbereit und mit gültiger HU. Leider war der Verkäufer eine Pfeife und so kam nichts danach. Und so schaute ich weiter nach Amazon Kombis. Nur ein weiterer, grüner P221 war inseriert. Auch er hatte all die Modifikationen, die ich gerne gehabt hätte. Und sogar mit einer coolen US-Frontstoßstange. Doch das Auto, das in Berlin inseriert war, gehörte zu den teuersten Amazon Kombis auf dem Markt.Zurück in den Februar: Kaum hatte ich das Video wiedergefunden (und gefühlt 76 Mal angeschaut) reaktivierte ich meine Suchaufträge, die ich zwischendurch wegen anderer Baustelle ausgeschaltet hatte. Zufrieden ging ich ins Bett und dachte mir: „Naja, zumindest könnte man es ja mal versuchen.“ Schon am nächsten Morgen dachte ich kein Stück mehr daran. Erst zwei Tage später, es war ein Montagmittag um ziemlich genau zwölf Uhr, benachrichtige mich mein Handy, dass ein neuer Amazon Kombi inseriert sein würde. Ohne große Erwartungen schaute ich auf das Inserat – und traute meinen Augen kaum. Es war DER Amazon Kombi mit der US-Stoßstange. Er stand immer noch in Berlin – aber nur noch für weniger als einen Drittel des Preises. Um 12:02 rief ich den sehr sympathischen Händler an und machte einen Termin zur Besichtigung aus.
Baalin? Ick komme!
Okay – an meinem Berliner Akzent könnte ich noch arbeiten. Wer weiß, was noch wird. Auf jeden Fall machte ich mich am 27. Februar früh morgens auf den Weg nach Berlin. Meinen Harald hatte ich vollgetankt und freute mich auch schon irgendwie auf die Tour. Selbst wenn der Amazon vielleicht doch deutlich rostiger sein sollte, als ich dachte, würde ich zumindest einmal rauskommen. Außerdem war ich vorher noch nie in Berlin und neugierig, wie unsere Hauptstadt wohl so sein würde. Zumindest war die Tour dahin etwas langweilig. Nachdem ich Hamburg durchkreuzt hatte, fuhr ich stundenlang über eine nahezu komplett leere Autobahn. Es war wirklich überhaupt nichts los. Wenn mir auf der ganzen Strecke vielleicht zwanzig Autos begegnet waren, war das schon eine eher hoch geschätzte Nummer. Aufgeregt war ich übrigens nicht. Erst ganz kurz vor dem Händler, als ein Mann vor mir auf die Straße pinkelte, dachte ich doch kurz drüber nach: „Was wäre denn, wenn…?“
Eine Probefahrt konnte ich mit dem Auto nicht machen – das sah ich relativ schnell. Die Batterie hing an einem Ladegerät und wirklich Bremsdruck konnte der Wagen auch nicht aufbauen. Das ist auch ohne Stadtverkehr eher doof. Doch zum Glück war der Verkäufer wirklich cool drauf und ließ mir alle Zeit der Welt, den Wagen in Ruhe durchzuschauen. Und tatsächlich – bis auf den Streifschaden rechts, den ich im Inserat schon entdeckt hatte, war der Amazon in einem tatsächlich guten Zustand. Die Substanz schien mir echt in Ordnung, als ich den Wagen von unten anschaute, außerdem lief der Motor relativ gut und auch innen schien alles ziemlich dreckig, aber heile. Übrigens schwang da schon die Geschichte des Autos mit: Als ich den Wagen das erste Mal entdeckte, laß ich, dass der damalige Besitzer den Wagen, den er seit 1990 besaß, aus gesundheitlichen Gründen verkaufen wollte. Leider wurde der Vorbesitzer wohl nicht mehr gesund und verstarb – die Stadt Berlin erbte den Wagen und verkaufte ihn an den Händler, bei dem ich auf dem Hof stand.
Hoch hinaus
Und zum Glück war der Händler wirklich sympathisch – und hilfsbereit. Ruckzuck besorgte er mir in der Werkstatt nebenan einen Hebebühnenplatz – und gleich mehrere KFZ-Mechaniker halfen mir bei der Durchsicht. Und bis auf einen undichten Radbremszylinder und etwas weiche Vorderachsbuchsen konnten wir alle nichts finden. Keine Durchrostungen – nichts. Was mich natürlich zum einen sehr freute. Zum anderen machte es mich aber auch nervös. Es war die Chance, mir meinen Traum zu erfüllen. Ich meinte zum Verkäufer, ich würde ganz kurz telefonieren müssen. Erst rief ich meine Eltern an, die sofort meinten: „Kauf ihn!“, doch irgendwie kickte echt der Geiz. Und dann rief Jürgen an. „Hast du ihn schon gekauft?“, meinte er. „Nee, noch nicht“, sagte ich und erzählte ihn vom meinem Geiz. „Du gehörst doch geschlagen, du bist hingefahren, WEIL er günstig ist!“ waren dann wohl die Worte, die ich brauchte. Ich ging ins Büro und kaufte ihn.
Wisst ihr was? Als ich drei Tage später mit Klaus und Andrea in Berlin ankam, hatte ich immer noch nicht so richtig kapiert, dass ich mir tatsächlich meinen Traum erfüllt hatte. Schon auf dem Rückweg vom Händler war das eine Achterbahn der Gefühle. Mal kam mir das alles so überhaupt nicht real vor, dann war ich wieder so emotional, dass ich Rotz und Wasser geheult habe. Und relativ lange habe ich auch mit Jürgen telefoniert, der mir selbst meine letzten Zweifel raubte. Und auch Andrea und Klaus feierten meinen Ove, als wir nach einigen Stunden Fahrt freitagsnachts in Berlin ankamen, um meinen Amazon abzuholen. Vielen Dank an dieser Stelle an die beiden – und auch an Karsten, der mir den Trailer geliehen hat!
Huckepack nach Hause
Ove war schnell verladen – und dann auch verzurrt. Der A4 Quattro von Andrea und Klaus zog den Wagen ohne Probleme aus der Hauptstadt hinaus auf die Autobahn. Und ich? Ich saß auf der Rücksitzbank und konnte noch immer nicht glauben, was ich da gerade überhaupt erlebe. Sieben Jahre habe ich auf das Auto gespart und nach einem gesucht. Sieben Jahre – ein Viertel meines Lebens. Und nun? Nun hatte ich endlich einen. Klaus, Andrea und ich philosophierten noch über Namen für den alten Schweden, während mein Herz die ganze Zeit pochte und fast platzte vor Glück. Aber wisst ihr was? Die ganze Abholung könnt ihr auch in dem Video sehen, das ich damals extra gemacht habe. Nicht, um damit Klicks zu generieren. Sondern als Erinnerung, für mich:
Jetzt wisst ihr, wie Ove zu mir gezogen ist. Und wisst ihr was? Von dem alten Schweden werdet ihr in nächster Zeit auf jeden Fall noch viel zu sehen bekommen. Ich habe ihn inzwischen einmal geputzt und aufbereitet, ein paar technische Defekte repariert – und schon das ein oder andere Abenteuer mit ihm geplant. Aber zu viel möchte ich natürlich auch nicht verraten. Wäre ja doof. Nur eins weiß ich jetzt schon:
Ove bleibt für immer.