Projekt LowBudgetBenz – Teil 11: Die Hinterachsaufnahme

Die Überschrift erklärt sich selbst. Auch Hein war vom alten 124er-Leiden betroffen.Heute möchte ich euch zeigen, wie ich eine neue Hinterachsaufnahme eingeschweißt habe.

Die Hinterachsaufnahme

Das sind zwei Wörter, die alle 124er Mercedes-Fans fürchten. Denn eigentlich ist die Hinterachsaufnahme – wie auch die Wagenheberaufnahmen oder die Radläufe – eine Sollroststelle am Daimler der Baureihe W124. Fast jeder 124er Benz ist da schon einmal geschweißt worden. Oder hat da irgendwo versteckt Rost. Unzählige der schwäbischen Limousinen sind wegen der abgerosteten Hinterachsaufnahme auf dem Schrott gelandet. Und wahrscheinlich wäre Hein das auch passiert, hätte ich gewusst, dass die vordere Hinterachsaufnahme auf der rechten Seite nur gut verpfuscht war. Der Pfusch war sogar so gut, dass mir einige Mercedes-Experten gesagt haben: „Oh, der ist gut! Den musst du retten!“. Doch als ich im vorletzten Teil die Hinterachse ausgebaut habe und ich mit einer Drahtbürste die Aufnahme eigentlich nur vom Flugrost entfernen wollte, kam alles anders…

Nicht nur anders, sondern knüppeldick. Die Hinterachsaufnahme war doch durch. Versteckt unter einem stümpferhaft eingeschweißten Blech und ordentlich Dichtmasse konnte man den braunen Feind finden. Was für ein Mist. Ehrlich gesagt sah ich mich schon Hein wegwerfen und bereute ein wenig die Arbeit, die ich vorher schon reingesteckt hatte. Doch man sollte bei solchen Projekten nie voreilig reagieren. Kurz nach der Rost-Entdeckung, bei der ich mich gar nicht fühlte wie Christopher Columbus, schaute ich ein paar Videos, wie Hinterachsaufnahmen so repariert werden – und entschied mich dann dafür, sie doch einzuschweißen. Ein Reparaturblech war schnell gekauft, ein ungefährer Plan wurde zurecht gelegt und so konnte es dann auch schon losgehen.

Einmal freilegen, bitte.

Naja, zumindest fast. Bevor ich die Hinterachsaufnahme freilegen konnte, musste erst einmal der Stabi der Hinterachse aus dem Weg. Und das.. ähh… war gar nicht so leicht, wie gedacht. Die Schrauben, die den Stabi an der Karosserie halten, waren nämlich nicht nur fest, sondern auch schon rundgerostet. Kein Witz – man konnte keine achteckige Form mehr erkennen. Ziemlich doof – denn etwas aufschweißen wollte ich auch so direkt nicht, schließlich war das Gummi vom Stabi noch direkt daneben. Also machte ich einfach kurzen Prozess und holte die Flex raus. Zumindest die hinteren Schrauben konnte ich so abflexen. Anschließend habe ich die Halteklammern ein wenig aufgebogen (die müssen sowieso neu) und den Stabi inklusive Gummi rausgepopelt. Die Stabi-Gummis werde ich übrigens erneuern. Die gibt es zwar neu anscheinend nur noch von einem Hersteller – aber wirklich etwas auszuhalten haben die ja auch nicht.

Achja – auch mit einer Gripzange hatte ich versucht, die Schrauben zu lösen. Aber auch das ging nicht. Und weil ich an die vorderen Schrauben nicht mit der Flex rankam, holte ich meine kleine Metallsäge und fing an zu fiedeln. Das hat… wirklich lange gedauert. Aber da all diese Aufnahmen Ende August passiert sind, war die Stunde Arbeit auch egal. Hilft ja nichts. Die Stummel der abgeflexten Schrauben sind aktuell immer noch drin – da werde ich demnächst einmal versuchen, eine Mutter aufzuschweißen und sie zu lösen. Aber das werdet ihr dann bald lesen. Auf jeden Fall hatte ich so nach ungefähr einer Stunde die Halteklammern beide entfernt und konnte mich an das restliche Freilegen der Hinterachsaufnahmen machen.

Das ganze Ausmaß

Als ich die Hinterachsaufnahme komplett vom Unterbodenschutz befreit hatte, war die Überraschung dann aber doch nicht mehr so groß – es kamen keine neuen Löcher dazu. Also… an der Achsaufnahme. Der Rahmen unter der Achsaufnahme war trotzdem durch. Watt’n Mist. Aber zumindest wusste ich nun, wie die Achsaufnahme am Auto befestigt war: Zur Außenseite mit einer Schweißnaht, unten mit drei Schweißpunkten (Tippe ich mal, waren weggerostet), oben mit drei Schweißpunkten und innen zwischen zwei Karosseriebleche geschoben und dann verschraubt. Ob ich diese Konstruktion so gelungen finde, lass ich mal dahingestellt. Dass sie nicht sonderlich gut versiegelt wurde, belegen ja zahlreiche Exemplare, die deshalb dort schon geschweißt wurden oder auf dem Schrott gelandet sind.

Doch anstatt die originalen Schweißpunkte aufzubohren, habe ich die Hinterachsaufnahme erst einmal einfach rausgeschnitten – so kam ich besser an die Schweißpunkte. Und ja – leider habe ich oben durchgebohrt. Ich habe nicht genug geschaut und mir somit noch eine weitere Baustelle eingebrockt. Aber auch das war nicht schlimm – schließlich musste dort, wo die Achsaufnahme unten sitzt, auch ein neues Blech einsetzen. Tatsächlich habe ich von den beiden Blechen irgendwie gar keine Fotos gemacht, aber ihr könnt euch sicherlich vorstellen, wie ich dort gearbeitet habe: Blech rausgetrennt, ein neues angefertigt, eingeschweißt und verschliffen: Fertig. Ein bisschen mehr Arbeit war es, den übriggebliebenen, inneren Stummel der Achsaufnahme herauszubekommen.

Gut Ding will Weile haben

Viele überspringen diesen Schritt und braten die Achsaufnahme einfach von unten zu – und lassen einen Teil der alten Achsaufnahme zwischen den Blechen stecken. Bestimmt auch stabil – aber mir wäre da die Gefahr zu groß, dass der ganze Kram irgendwann wieder rostet oder doch nicht so stabil ist, wie man es sich erhofft. Auch wenn Mercedes mit der Versiegelung gespart hat, werden sie sich beim Konstruieren schon etwas gedacht haben. Im ersten Schritt muss man viel Dichtmasse wegschleifen und ein paar Schweißpunkte aufbohren, damit man das oberste Blech zur Seite gedengelt bekommt – so wie hier oben auf dem Bild.

Und dann macht man noch zwei kleine Schnitte, um das Blech gut umlegen zu können – und entdeckt noch mehr Rost. Ich weiß, liebe Mercedes-Fans, dass ihr das nicht gerne lest. Ich bekomme echt oft zu hören, dass ich Mercedes ja nur schlecht machen würde – aber so viele kleine Rostnester habe ich noch nie bei einem anderen Premiumprodukt gesehen. Unfassbar. Aber wahrscheinlich ist Hein nur ein Einzelfall und alle anderen Benzen rosten gar nicht. Oder so ;-). Auf jeden Fall kommt man, wenn das Blech aus dem Weg ist, an die Schweißpunkte der Hinterachsaufnahme. Die muss man dann nur noch aufbohren und…

…schon kann der restliche Rost raus. Anscheinend ist das übrigens beim T-Modell deutlich leichter, weil der Tank nicht im Weg ist. Im Nachhinein wäre mir ein T-Modell auch deutlich lieber gewesen – aber das tut ja nun nichts zu Sache. Bei mir hing das Stück noch ein bisschen fest, aber mit etwas nettem Zureden und einem Hammer gab Hein das kleine Stück der Hinterachsaufnahme endlich frei. Und was das für ein Teil war, seht ihr auf dem Bild hier:

Die fertige Hinterachsaufnahme habe ich mir von Trabhan gekauft – die bieten unfassbar viel für Autos der Baureihe W124 an. Und nein, ich bekomme dafür kein Geld und das ist auch keine Werbung. Das ist nur ein Tipp, weil ich gute Erfahrungen gemacht habe. Schließlich ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass wenn ihr einen W124 habt und es hier durchlest, euch früher oder später wohl auch um diese Baustelle kümmern müsst. Apropos Baustelle. Als nächstes folgte dann das Anpassen der Hinterachsaufnahme.

Schnippschnapp!

Die Hinterachsaufnahme muss sitzen – und dafür muss das Reparaturblech erst einmal ein bisschen angepasst werden. Dazu habe ich in die Außenhaut des Radhauses zwei Schnitte gemacht und so das Verstärkungsblech freigelegt, an dem die Hinterachsaufnahme befestigt ist. An dieser Stelle ist das Blech dreilagig – warum auch immer. Auf jeden Fall konnte ich so schon einmal ein bisschen von dieser Seite der Achsaufnahme abschneiden, damit es dort auf Stoß passen konnte. Doch das reichte noch lange nicht.

Wie man hier von innen sieht, passte da noch längst nicht alles. Eigentlich müsste die untere Lippe direkt am Rahmen anliegen – tat sie aber nicht. Tatsächlich hat das grobe Anpassen der Hinterachsaufnahme schon einige Stunden (einen Tag, um genau zu sein) gedauert. Es ist ja doch recht was einfacher, etwas abzuschneiden als wieder etwas anzuschweißen – und genau aus dem Grund habe ich mich langsam an die ungefähre Form herangetastet. Doch irgendwann passte sie dann schon ganz gut. Und dann ging es an die Feinarbeiten.

You’ve got to pump it up

Als nächstes musste dann der Hinterachskörper her, den ich im letzten Teil überholt hatte. Frisch gestrahlt, lackiert und mit neuen Buchsen brauchte ich ihn nun als Lehre. Beim Einschweißen der Hinterachsaufnahme sollte man nämlich aufpassen, dass sie auch wirklich an der richtigen Stelle sitzt, damit die Aufnahme schlussendlich weder schief und noch zu hoch oder zu niedrig eingeschweißt wurde. Und was eignet sich besser dafür… als die Achse selbst? Also habe ich das Gewindestück der Hinterachsaufnahme – ein separates Teil – durch die neue Buchse am Achskörper verschraubt, die Achse an die Karosserie gehoben und an den restlichen drei Achsaufnahmen verschraubt. Und dann schaute ich mir an, wie die neue Achsaufnahme denn passen würde.

Anschauen, Achse wieder abbauen, Hinterachsaufnahme bearbeiten, wieder einsetzen, Achse wieder hochpumpen und anschrauben, Hinterachsaufnahme wieder anschauen. So ging es einige Male hin und her. Ich wollte auf gar keinen Fall einen Fehler machen – der Kram sollte schon stimmen. Und das ist auch mein Tipp an euch: Lasst euch damit Zeit. Wartet lieber einen Tag länger mit der Einschweißerei, bevor ihr euch vertut und nachher nichts mehr passt. Das wäre nämlich schade um die Arbeit. Und so habe ich es auch gemacht. Nach einigen Stunden der Anpasserei (und einmal drüber schlafen und noch einmal schauen) war es dann endlich soweit: Ich konnte die Hinterachsaufnahme einschweißen. Natürlich wie im Original: Naht außen, Punkte von innen, Punkte oben und Punkte unten. Und wie die ganze OP ablief, könnt ihr hier im Video sehen:

Nun ist sie also drin, die Achsaufnahme. Und scheint auch zu halten. Wie gut meine Arbeit wirklich war, merke ich aber wohl erst, wenn Hein wieder auf der Straße ist. Aber mein Bauchgefühl ist recht gut. Es war auf jeden Fall eine Arbeit, vor der ich echt Respekt hatte – die aber schlussendlich gar nicht so schlimm war. Fummelig ja, aber nicht so schlimm, dass ich deshalb ein Auto wegwerfen würde. Ein Radlauf ist da deutlich mehr Aufwand und fummeliger. Falls ihr also ein bisschen mit dem Schweißgerät umgehen könnt und sorgfältig arbeitet, tippe ich, dass ihr die Baustelle an der Hinterachsaufnahme leicht wuppen könnt. Ich brauche es zum Glück nur auf einer Seite – die andere Seite ist noch stabil und braucht nur etwas Farbe und Versiegelung. Was aber nicht heißt, dass ich mit Hein nun durch bin. Ich habe neue Löcher entdeckt. Und auch große.

Langweilig wird es also nicht.

Über Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.
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