Projekt LowBudgetBenz – Teil 10: Strahlemann und Hinterachse

Heute werde ich einmal nicht an Hein schweißen und trotzdem ganz viel Rost entfernen.Die Hinterachse meines W124 sah nämlich schon echt böse aus. Das wollte ich ändern.

Rostig, rostiger, Hein

Ich muss es ja einmal zugeben. Hein hat mich doch überrascht. Ich hätte niemals gedacht, dass der alte Mercedes so viel Arbeit wird und mit so vielen Überraschungen um die Ecke kommt. Aber wahrscheinlich habt ihr das auch schon gedacht, denn es ist schließlich schon eineinhalb Jahre her, dass ich den alten Kahn zerlegt habe. Damals dachte ich noch, er würde so in drei, vier Monaten wieder auf der Straße sein. Die Hoffnung verschwand aber doch recht schnell. Aktuell ist meine Hoffnung, dass der Mercedes im nächsten Sommer wieder unterwegs sein wird. Mal sehen, ob ich in ein paar Monaten darüber lachen werde, weil mich die nächste Baustelle überrascht hat, oder ob es klappen wird. Weil eigentlich sind so viele Karosseriearbeiten gar nicht mehr zu tun… hoffe ich zumindest. Wir werden sehen.

Heute möchte ich euch aber mal ausnahmsweise keine Karosseriearbeiten zeigen. Nachdem ich beim letzten Mal gesehen hatte, dass die Hinterachsaufnahme doch nicht mehr zu gebrauchen war, musste ich mich erst einmal um die Hinterachse kümmern. Damit ich überhaupt ansatzweise die Möglichkeit hatte, die neue Hinterachsaufnahme richtig anzuschweißen, musste nämlich erst einmal die Hinterachse zerlegt werden. Warum? Ich brauchte den Hinterachskörper als Lehre. Da drei Achsaufnahmen noch in Ordnung waren, muss sich die Position der vierten Achsaufnahme automatisch ergeben, wenn ich den Hinterachskörper neu buchse und beim Schweißen anschraube. Und genau so war auch der Plan. Doch erst einmal musste ich die Hinterachse in ihre Einzelteile zerlegen. Und genau das tat ich auch an einem schönen Sommertag im Juni.

Danke, Rostlöser!

Alle Schrauben an der Hinterachse – und das sind dank der „Raumlenkerachse“ recht viele – habe ich monatelang mit Rostlöser eingesprüht. Eigentlich fast ein Jahr lang. Zum Glück, denn alle Schrauben ließen sich mit relativ wenig Aufwand lösen. Naja… mit „wenig“ meine ich so ungefähr zwanzig Minuten pro Schraube. Etwas mehr gewehrt haben sich die Antriebswellen, die sich nicht so recht von der Radnabe lösen lassen wollten – aber auch hier half Rostlöser und ein etwas größerer Abzieher. Und Geduld. Auch wenn ich mir überhaupt nicht sicher war, ob sich der ganze Aufwand überhaupt lohnen sollte. Der Hinterachskörper sah nämlich an vielen Stellen echt gar nicht mehr so gut aus. Und es ist tatsächlich auch eine Krankheit bei Mercedes, dass die Dinger durchrosten. Und das passiert nicht nur beim W124, sondern auch noch bei neueren Daimlern wie dem W204 und dem W212. Wollten sie wohl nie in den Griff bekommen.

Während ich die Hinterachse so zerlegte, überlegte ich wirklich, ob dem ganzen Rost mit der rotierenden Drahtbürste auf den Leib rücken sollte. Denn so ein Hinterachskörper hat echt viele, versteckte Ecken und Kanten, an die ich gar nicht rankommen könnte. Außerdem – so zumindest mein Gedanke – wenn die Hinterachse das Sandstrahlen ohne Durchrostungen überleben würde, wäre sie auch noch stabil genug für den weiteren Einsatz. Erst überlegte ich kurz, selbst eine Sandstrahlkabine zu kaufen, doch fast alle von euch rieten mir davon ab, als ich bei Facebook fragte. Und so schaute ich nach einer Firma, die Sandstrahlen anbietet. Ich fand eine, die mir einen fairen Preis versicherte, fuhr dorthin und ließ nicht nur den Hinterachskörper, sondern auch gleich den Luftfilterdeckel strahlen. Als ich dort vom Hof fuhr, war ich echt gespannt, ob ich mir einen anderen Hinterachskörper suchte müsste…

Glück im Unglück

Ab und zu muss man wohl auch mal Glück haben, denn tatsächlich war die Hinterachse nicht durchgerostet, als ich sie vom Sandstrahler abholte. Sie hatte zwar schon einige, tiefe Rostnarben, doch die sollten die Stabilität nicht beeinflussen. Kaum war der Hinterachskörper Zuhause, fing ich auch schon mit dem Versiegeln an. Um eventuell kleinen Roststellen am Hinterachskörper gar nicht erst die Chance zu geben, in ein paar Jahren wieder Ärger zu machen, habe ich alle Falze, Rostnarben und versteckte Ecken mit Owatrol eingepinselt. Owatrol ist bestimmt den meisten von euch ein Begriff, doch vielleicht kennen es einige tatsächlich nicht. Owatrol bildet eine Art Schutzfilm über den Rost, schließt ihn so von Sauerstoff ab und hindert den Rost so, sich ausbreiten zu können. Das hat sich schon an einigen Stellen an Hein als echt hilfreich bewiesen. Auch wenn es recht lange trocknen muss, ein Schritt, auf den ich nicht verzichten wollte.

Anschließend habe ich mich um die Lackierung der Hinterachse gekümmert. Hierfür habe ich nicht die Sprühpistole rausgeholt und Lack verdünnt, sondern habe ich wieder zu einem Pinsel und meinem Lieblings-Lack gegriffen. Asinol nutze ich seit einigen Jahren. Der ist aus dem landwirtschaftlichen Bereich und extrem robust – und deutlich günstiger als eine Pulverbeschichtung. Zwar sieht man später ein paar Pinselstriche, aber das ist mir echt egal. Hauptsache es schützt – unter das Auto schaut ja im Regelfall sowieso niemand. Außer ich und irgendwann ein Prüfingenieur, wenn Hein endlich wieder zur HU vorgestellt wird. Im ersten Schritt habe ich den Hinterachskörper mit einer Grundierung gestrichen und mit einer Spritze verdünnte Grundierung in die Falze und Ecken gespritzt, damit der Rost auch echt keine Chance mehr hat.

Paint it black!

Und das gleiche habe ich im Anschluss auch noch einmal mit schwarzem Lack gemacht. Zwei Schichten Lack in schwarz bekam die Hinterachse verpasst, damit auch wirklich in den nächsten Jahren hoffentlich nie wieder etwas passiert. Ich denke nicht, dass ich Hein nach Fertigstellung so richtig im Winter fahren werde, aber zumindest möchte ich mir die Option gerne freihalten. Deshalb habe ich den Hinterachskörper noch vor dem Einpressen der Buchsen fleißig von innen mit Hohlraumkonservierung und Seilfett versiegelt. Das werde ich auch noch einmal wiederholen, bevor die Achse an ihren angestammten Platz kommt – aber dafür musste ich in diesem Schritt erst noch einmal etwas bauen, um sie überhaupt anbauen zu können. Die Trockenphase habe ich übrigens genutzt, um so Kleinigkeiten wie den Auspuffhalter zu überholen und das Etikett neu anzufertigen. Ich mag so kleine Details.

Willst du viel, spül mit Pril. Oder so. Was ich nämlich auch total cool finde, ist das Einpressen von Buchsen. Irgendwie hat das so etwas beruhigendes, wenn die Buchse langsam in ihren neuen Bestimmungsort flutscht. Und genau das war auch der nächste Schritt. Dabei half mir mein Vater, denn ein bisschen gegenhalten und schauen sollte man doch schon. Was sich ein bisschen störte, waren die Buchsen der Aufhängung fürs Hinterachsgetriebe. Ich hatte schon vorher gelesen, dass die im Nachbau für den Hinterachskörper etwas zu groß seien und man den Hinterachskörper ganz vorsichtig etwas aufschleifen muss. Das tat ich auch – und es funktionierte zum Glück. Da muss man echt aufpassen, dass man nicht zu viel wegschleift. Könnte ansonsten komische Geräusche geben, wenn das Differential während der Fahrt ausfällt. Achja. Falls ihr das Einpressen und die ganze Geschichte sehen wollt, habe ich natürlich wieder ein Video für euch:

Jap, das war viel Arbeit. Aber wie dem auch sei – nun ist der Hinterachskörper bereit für den Einbau. Und bereit dazu, als Lehre für das Einschweißen einer neuen Hinterachsaufnahme. Auch das ist eine Geschichte, die leicht eskaliert ist und tatsächlich auch einige Anläufe brauchte. Aber das werde ich euch in der nächsten Geschichte erzählen. Und damit Hein auch wirklich bald wieder fährt, werde ich mich nun auch wieder in die Garage verziehen. Aktuell habe ich Urlaub und will die Zeit nutzen, um Hein ein wenig dicht zu bekommen. Es ist ja eher blöd, wenn es während der Fahrt durch den Schweller pfeift oder Wasser dadrin hin- und herschwappt. Dann kann man das Radio ja gar nicht mehr verstehen. Und das wäre auf dem nächsten Roadtrip doof. Tatsächlich ist das ja irgendwie ein Traum von mir, dass der alte Kahn und ich im nächsten Jahr wieder auf Tour gehen können – so wie vor einigen Jahren. Mal sehen, ob es tatsächlich klappt.

Oder doch erst 2030.

Über Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.
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