Alte Autos habe ich schon echt gerne. Aber nicht nur alte Autos. Auch alte Sachen.
Alte Alltagsgegenstände. Müll sagen die einen, Raritäten sag ich. Bin ich ein Messie?
Im Moment ist bei uns viel los. Aufräumen, umräumen, umziehen. All das ist angesagt. Ich ziehe in die Wohnung meiner Großmutter, die leider vor einiger Zeit verstorben ist. Leider. Ich mochte sie echt gerne. Das war echt ein halbgrauer Tag. Hm. Aber das Leben geht weiter. Ich denke noch oft an sie. Sie hat mir oft Geschichten von „früher“ erzählt. Das hat bei mir noch so ein kleines Interesse für Geschichte eröffnet. Mich interessiert, wie die Umwelt hier früher ausgesehen hat, wie die Menschen gelebt haben. Uninteressant? Meinetwegen. So denke ich nicht.
Neben meiner alten Elsa und dem alten Henkelmännchen, mag ich auch noch echt gerne altes Zeug. So Alltagsgegenstände halt. Alte Nähmaschinen, Küchenwaagen, Möbel, Zeitungen, Bücher, Karten, Spielzeug – alles mögliche. Eigentlich alles, was man so in Trödelläden finden könnte. Dort gehe ich schon extra nicht mehr hin. Zum einen ist dort alles eh meist zu teuer und ich habe eh kein Geld, zum anderen habe ich keinen Platz mehr. Sachen irgendwo in der Ecke herumzuleigen haben finde ich nämlich auch nicht so toll. Wenn man sie hat, möchte man sie auch sehen, oder etwa nicht? Wenn ich könnte, würd ich ein Museum aufmachen. Ich kann aber natürlich nicht ;-).
Da ich die Wohnung nun renovieren möchte, bevor ich einziehe, heißt es all die Schränke von Oma auszuräumen und umzuräumen. Ein Glück haben meine Eltern noch genug Platz im Haus. Denn Wegschmeißen kommt erst einmal noch nicht in Frage. Außerdem ist es gar nicht so viel. Meine Großeltern hatten nämlich nie viel Geld und lebten immer sparsam. Meine Mutter meint immer, dass ich die Sparsamkeit wohl geerbt habe. Ansonsten könnte ich mir heute wohl auch keine Autos leisten und keine Elsa restaurieren. Auf jeden Fall haben meine Großeltern immer alles weggelegt, was noch gut war und noch gebraucht werden konnte. So habe ich zum Beispiel eine ganze Reihe alter Brillen gefunden. Die hier gehörte wohl meiner Ururoma, die schon über 90 Jahre tot ist. Klasse. Ich kann nur nichts erkennen.
Sparsamkeit können viele Leute nicht verstehen. You Only Live Once heißt es ja. Yolo. Ich mag den Ausdruck ungefähr so gerne wie schwitzende Touristen im Feinrippunterhemd an der Supermarktkasse vor mir. Also gar nicht. Es besteht ja immer noch ein Unterschied zwischen Sparsamkeit und Geiz. Geiz ist schlimm. Sparsamkeit finde ich klasse. Da ich mir eigentlich keine neuen Möbel kaufen möchte und auch gar keine Lust habe auf Möbel, die nach zwei Wochen zusammenfallen, werde ich die alten wieder herrichten. Außerdem kann ich nicht einfach etwas wegschmeißen, auf das meine Großeltern hingespart und als sie es geschaft hatten, sich auch gefreut haben. Diese Brille gehörte meiner Uroma. Die ist nun schon über fünfzig Jahre tot. Viel erkennen kann ich nicht.
Außerdem fände ich es schade um die alten Möbel. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Möbel, die vom Design her eigentlich echt gut aussehen (finde ich zumindest) und von der Qualität her auch echt gut sind, nicht für die Nachwelt gerettet werden kann. Nicht alles kann gerettet werden. Aber irgendwie muss ich mir mein schmales Budget doch zurecht reden. Würd ich einen neuen Schrank kaufen, wäre das schon mindestens Steuer und Versicherung meines Golfs für ein Jahr. Apropos Versicherungen. Alten Papierkram habe ich auch gefunden. Neben irgendwelche Amtsbriefen, die ich eh gleich gut verwahrt habe, habe ich auch noch (bezahlte) Rechnungen von Opas Autoversicherung gefunden. Mein Opa fuhr erst einen Käfer, dann mehrere Kadett. Günstig waren Versicherungen damals schon nicht. Ganz im Gegenteil. Aber die Rechnungen wurden freundlich formuliert. Diese Brille hatte Opa auch beim Autofahren auf. Ich zum Glück nicht. Da bin ich blind.
Eine Rechnung von 1975 habe ich auch noch gefunden. Da gab Opa seinen frühen B-Kadett (noch einer mit Blattfedern) für einen beigefarbenen C-Kadett in Zahlung. Mein Opa lebt schon lange nicht mehr, der Kadett war auch nicht so zuverlässig und wurde nach 2 Jahren durch einen brandneuen C-Kadett ersetzt. Der Opel-Händler existiert auch schon ganz lange nicht mehr. Das Fahrschulbuch, dass ihr ganz oben sehen könnt, stammt auch noch von meinem Opa. Das ist aus dem Jahre 1960. Die Fahrschule gibt es nicht mehr, der Inhalt des Buchs erinnert an „Natürlich die Autofahrer“ mit Heinz Erhardt. Ich bewahre es gut auf. Mehr gibt es davon garantiert nicht. Opas Führerschein habe ich auch noch gefunden. Klasse 3. Ich habe BE. Zeiten ändern.
Autohinterlassenschaften interessieren mich natürlich am meisten. Neben dieser Rechnung, habe ich noch ein Kissen gefunden, dass Oma damals für Opas Kadett stickte. Mit einem Oldtimer drauf und der Autonummer. Und eine alte Autoapotheke. Und was in der alles drin ist! Neben Pflastern, blutungshemmender Watte, Armschlingen, einer Pinzette und Wundverbänden, sind auch noch Baldriantropfen, Thymalin und Hoffmannstropfen. Was das ist? Keine Ahnung. Eine Augenklappe ist übrigens auch dabei. Achja – und so ein… wie heißt das nochmal? Beim Arzt haben sie es auch. Spanngurt kann man ja schlecht sagen. Jedenfalls so ein Band zum Armabbinden, wenn es zu einer starken Blutung kommt. In meinem Verbandskasten, der alle Normen entspricht, ist das alles nicht drin. So etwas muss man doch irgendwie der Nachwelt erhalten, oder? Nur Nutzen, dass würde ich das Zeug wohl nicht mehr nach all den Jahren. Irgs.
Ich finde es schade, dass so viele Dinge weggeworfen werden, weil Leute denken, es gäbe keine Verwendung mehr dafür. Kennt ihr das? Sammelt ihr auch? Klar kann man nicht alles aufbewahren und auch meine „Leidenschaft für alte Dinge“ ist nicht so extrem, wie sie hier vielleicht rüber kommt. Ein Handy, einen Computer und Internetanschluss besitze ich ja auch. Ich fahre auch ein Auto mit Klimaanlage, Airbags und Servolenkung. Ich versuch mit meinem alten Zeug auch nicht irgendetwas zu kompensieren oder suche nach besseren Zeiten – das kann ich als 20-jähriger eh nicht beurteilen.
Ich mag einfach nur altes Zeug.
Außerdem passt es zu Elsa ;-).
Guten Morgen Lars,
Ich bin soeben aufgestanden, weil ich nicht mehr einschlafen konnte, da las ich Dein sehr schöner, langer Bericht.
Das was Du machst gefällt mir.
Es gibt ja viele Personen die sagen ein Fahrzeug sei ein Gebrauchsgegenstand. Das ist bei mir und Dich und andere Youngtimer-/Oldtimer-Besitzer ganz bestimmt nicht.
Ich bin auch stolz, dass ich das letzte Fahrzeug meines Grossvaters, der Ford Taunus 17 m, Super, Badewanne genannt, restauriert habe, habe viel Geld in das Fahrzeug gesteckt. Es ist schliesslich eine Erinnerung an Meinen Grossvaters. Auch das letzte Fahrzeug Meines Vaters habe ich noch, unrestauriert, Peugeot 405 II, 2.0 Signature, Jahrgang 1995, mit 100’000 km.
Lars, mach weiter so mit so tollen Berichten.
Gruss aus der Schweiz.
Hallo Jean-Pierre!
vielen Dank für das positive Feedback! Gebrauchsgegenstände sind meine Autos in der Tat nicht ;-).
Ich finde es klasse, dass du die Badewanne deines Großvaters und den Peugeot deines Vaters noch hast. Der Peugeot 405 II ist inzwischen auch schon wirklich selten. Und deine Autos sind ja immer sehr gut gepflegt.
Schöne Grüße in die Schweiz
Lars
Guten Morgen Lars,
Ich bin soeben seit längerer Zeit wach und konnte nicht mehr einschlafen, so dass ich jetzt Deine nette Antwort las.
Danke vielmals.
Gruss
Jean-Pierre aus der Schweiz.
Hoi Lars
Einmal mehr Daumen hoch! Super Bericht, ich hab ebenfalls viele Dinge aus dem Haushalt meiner Grosseltern gerettet. Leider war das Haus zu teuer zum behalten. 🙂
Das mit dem Museum schwirrt mir auch noch im Kopf rum…
Wir könnten einen Museumsverbund machen mit einer Filiale an der Eismeerküste und eine am Bodensee 😉
Grüsse
Marc
Museum? Läuft ;-).
Eismeer? Komm hier mal her! Ist die Nordsee zu kalt, bist du zu schwach ;-). So kalt und stürmisch ist das hier gar nicht. Nur manchmal. Die Nordsee hat halt Charakter. Und den muss man erlebt haben, Herr Schweizer! 😀
…dann können wir auch Näheres über das Museum besprechen 😉
Schöne Grüße
Lars