Ich sollte nicht mehr auf einen Flohmarkt gehen…

Es hat sich wieder etwas im Fuhrpark getan. So vor einiger Zeit. „Schnäppchen“.

comp_comp_SAM_2573Mal kein Volvo, nicht mal ein Auto. Ich habe mir eine Zündapp gekauft. Aaah!

Das war Zufall. Am 6. August 2016. Eigentlich wollte ich gar kein Moped haben. Mit 15 oder 16, als sich alle in meinem Alter einen Roller oder eine Mofa kaufte, war mir das Geld zu schade. Ich wollte ein Auto und habe gespart. Deswegen fuhr ich auch noch mit Bus und Bahn, als andere schon auf dem Mofa, Roller oder Miniquad durch die Gegend düsten. Mit 17 war ich dann aber nur noch im Auto unterwegs. In meinem Auto – und Elsa kam dann ja auch bald und hat weniger gekostet als manch einer für seinen Roller ausgegeben hat.

Im Auto war ich an dem Tag auch unterwegs. Wir waren vormittags kurz bei Bekannten, ihre neue Gartenhütte anschauen (Hört sich aufregend an, oder? Ein richtiges Abenteuer, sag ich euch!), als uns einfiel, dass bei uns im Dorf comp_comp_SAM_2574„Dorfflohmarkt“ ist. Das ist seit letztem Jahr jedes Jahr zu ungefähr der gleichen Zeit. Dort kann jeder, der etwas zu verkaufen hat, ein Schild an die Straße stellen und im Garten/in der Garage/ im Schuppen seinen Tisch aufbauen und seine Sachen verkaufen. Letztes Jahr hatte mein Vater von einem Herrn im Dorf ein Moped angeboten bekommen. Für einen günstigen Preis. Papa meinte: „Da muss mein Sohn erst einmal gucken, wie teuer die im Internet sind“ – so ziemlich der falscheste Satz, den man sagen kann. Das hatte der Herr in der Zeit, in der ich mit Papa hin kam auch gemacht und wollte mehr Geld. Kann man ja nicht verdenken.

An dem Tag, also ungefähr ein Jahr später, dachte ich mir, dass das Moped vielleicht ja noch da wäre. Also hielten wir an. Und? Es war noch da. Wieder so günstig wie vorher, weil der „Müll“ ja nur Platz wegnähme. Ein bisschen herumgedruckst, ein bisschen gehandelt, dann wieder Desinteresse gezeigt. Bis der Herr das Moped einmal startete. Sprang mit dem ersten Kick an. Dann wurde eine Zahl genannt und die Hände geschüttelt.

Ich hatte mir ein Moped gekauft. Was ich da gekauft hatte, wusste ich gar nicht so genau. Eine Zündapp – das wusste ich. In blau, das konnte ich sehen – und das, obwohl ich eine Brille trage.

Nach dem Mittagessen holte ich Geld von der Bank und ging wieder hin. Geld gegen Papiere getauscht, Smalltalk gehalten („geschnackt“ heißt das hier) und dann habecomp_comp_comp_sam_2565 ich die alte Zündapp nach Hause geschoben. Gut zwei Kilometer, das konnte ich ablesen, weil der Kilometerzähler mitzählte. Also hätte ich sie rückwärts schieben müssen. Während des Schiebens hielt ein Peugeot an und daraus rief es: „Willst du die verkaufen? Über den Preis können wir ja reden!“ – Ich habe dankend abgelehnt und habe das nicht ganz so leichte Moped nach Hause geschoben. Zu Hause angekommen habe ich dann erst einmal geguckt, was ich da nun gekauft habe. Wollt ihr auch ein paar technische Daten wissen?

Nein? Macht nichts. Hier sind sie:

Hersteller: Zündapp Werke GMBH München
Modell:      C 50 Super TYP 411-0 (Mokick)
Antrieb:     Zweitakt-Einzylinder mit Flachkolben
Leistung:   2,9 PS bei 4800 U/min
Hubraum:  49cm³
Baujahr:    1974

Das ist es also. Am 6. Januar 1975 wurde es im Motorradladen „Rolf Andersch, Kellinghusen“ (Also ein Stück schleswig-holsteinische Geschichte!) von einem Herrn Willi D. gekauft und lief dort einige Jahre, bis der Herr aus dem Dorf das Moped kaufte und damit fuhr. 2000 war sie das letzte Mal versichert und stand seitdem mehr oder weniger. Ab und zu wurde sie noch einmal gefahren. Aber so wirklich Zeit fand der Besitzer nicht dafür. So stand sie im Weg herum, bis der „Müll“ wegsollte. Und ich kauf so etwas auch noch.

Mein erster Plan war: Kaufen; über Winter schrauben, wenn Elsa fertig ist; verkaufen. Aber ich glaube, da habe ich nicht so ganz die Rechnung mit meinemcomp_comp_sam_3782 Vater gemacht. Der fuhr früher als Schlosser-Lehrling eine Zündapp. Ein etwas neueres Modell als meine C50 Super und anscheinend andauernd kaputt. Als ich das Moped zu Hause hatte, sagte er gleich: „Ich will mal fahren“, setzte sich rauf, startete und fuhr davon. Da kam mir schon der erste Gedanke, dass es eigentlich schade wäre, die Zündapp zu verkaufen. Geld ist ja nicht alles.

Wenn man ein neues Spielzeug auf dem Hof hat, dann muss man sich ja gleich darum kümmern, oder? Ihr kennt das doch bestimmt. Bei Papa war es nicht anders. Auch, wenn es eigentlich mein Spielzeug ist. Aber da will ich ja nicht so sein. Nach einer Probefahrt stellte sich heraus, dass eigentlich alles funktionierte. Licht, Bremslicht, Kupplung, Getriebe, Motor, Fußbremse. Nur die Handbremse, die auf das Vorderrad wirkt, funktionierte nicht richtig und die Reifen waren (sind) etwas porös und müssten neu.

Aber nichts, was man auf einem Samstagnachmittag sofort reparieren kann. Natürlich blöd, wenn man ein neues Spielzeug da hat und eigentlich nicht viel daran machen kann. Außer es zu putzen. Mein Vater fing sofort damit an, dank meines  schlechten Gewissens habe ich natürlich mitgemact. Der Lack ist noch fast überall original. Nicht mehr perfekt und an einigen Stellen sitzt auch etwas Flugrost an, aber für eine Neulackierung eh viel zu schade. Da wird die Patina weiterleben. Als erstes habe ich mal einen Putzstein genommen und den Stoßdämpfer poliert.
comp_comp_sam_2584comp_comp_sam_2585

Einen Putzstein kennt ihr sicher aus dem Haushalt. Da nimmt man einen nassen Schwamm, reibt am Stein und hat dann einen schäumenden Abrieb am Schwamm. Damit ein paar Mal über den Chrom reiben und er ist wie neu! Und das ging echt gut. Bei dem Stoßdämpfer habe ich leider kein vorher-nachher-Bild gemacht. Dafür aber bei den verchromten Tank-Seiten. Vorher waren die stumpf und hatten einige Rostpickel. Nachher nicht mehr. Man darf mit so einem Putzsteinkram nicht auf den Lack kommen.comp_comp_SAM_2589 Das ist dann ungesund, weil der echt stark schleift. Aber wiederum auch nicht zu stark, dass der Chrom beschädigt wird. Eigentlich ein „Wundermittel“. Das Gleiche habe ich dann auch noch am Auspuff und am Lampenchromring gemacht. Der glänzt nun auch wieder um die Wette. Nur die hintere Felge ging nicht so gut, da werde ich aber noch einmal bei. Ich glaube, da ist der Chrom wohl schon ein wenig zu angefressen. Ist halt Patina. Nach 42 Jahren darf die auch da sein.

comp_SAM_2576Achja – ich wollte euch auch noch einmal meine „Klingel“ vorstellen. Klingeln kann ja jeder. Die Hupe ist inzwischen einmal etwas aufpoliert und funktioniert nun auch wieder richtig. Vorher war es nur eine Luft-Bewegungs-Hupe, inzwischen ist es wieder eine Geräuschhupe. Ööööörk!

Der Motor ist übrigens echt okay. Nur mit dem Benzinhahn kommt ich noch nicht so comp_comp_SAM_2600ganz zurecht. Einmal ging sie auf einmal aus. Da hatte ich sie dann auf Reserve gestellt. Aber das wird wohl mit der Zeit noch alles kommen. Aber das Moped springt auf einen Tritt an. Wenn man es kann. Ich kann es nicht soo. Übung macht den Meister. Das Standgas ist vielleicht ein bisschen zu hoch eingestellt, aber das ist alles etwas für den Winter. Da wird das kleine Moped dann wieder auf Vordermann gebracht. Momentan ist das Wetter noch zu gut. Da kümmern wir uns lieber um das Cabriolet und Elsa.

Mein Vater hat mir aber beim Mopedputzen so richtig viele Storys aus seiner Zündapp-Zeit erzählt. Dass er zum Beispiel einen Kolbenfresser an seiner Zündapp comp_comp_sam_2592hatte. Da kam er zehnn Minuten zu spät zur Arbeit und sagte zum Chef: „Ich hatte einen Kolbenfresser“ – Scheiße. Wie kommst du nach Hause? – „Schieben.“ Das hat er dann auch getan. Eine Stunde lang. Durch Regen und Gewitter. Später hat er dann von einer größeren Maschine einen gebrauchten Kolben und Zylinder („Hab ich für 10 Mark gekauft. Ich wollte ja nicht viel Geld reinstecken, sondern auf ein Auto sparen!“) aufgebaut und da fuhr seine Zündapp dann auf einmal auch 60. Damit durfte er sich aber nicht erwischen lassen. Hat er wohl auch nicht. Den ganzen Abend hat er von der kleinen Zündapp geschwärmt und meinte dass er gerne einmal eine Oldtimerrallye damit fahren wollen würde.

Und nachdem ich inzwischen auch schon ein paar Runden durch den Garten gefahren bin, weiß ich auch: Die Zündapp wird bleiben. Nicht nur, weil mein Vater auf einmal wieder zum Schlosserlehrling geworden ist. Das bringt richtig Spaß!

Über Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.
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  1. Gratuliere zum Neuerwerb und viele schöne Stunde euch beiden damit☺️

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