Das geht ja gut los…

…war mein Gedanke, als am 1. Januar der Passat meiner Eltern spektakulär kaputtging. Heute im Programm: Ein knallendes Domlager, eine fiese Koppelstange und viele Flüche.

„Irgendetwas stimmt da nicht.“

Wir waren noch nicht einmal 50 Meter weit gekommen, als ich merkte, dass mit dem Passat meiner Eltern irgendetwas nicht stimmte. Beim Lenken knackte es und die Lenkung fühlte sich auch nicht so flüssig an wie sonst. „Ach, was du hast. Das ist doch nur die Feuchtigkeit“, meinte mein Vater, als ich den Wagen umdrehte. Doch schon eine Sekunde später wurde sogar er hellhörig, als es plötzlich richtig laut schepperte und es sich anhörte, als würde irgendwo etwas herunterfallen. Vorsichtig fuhr ich den Wagen zurück in seine Garage, für den kleinen Neujahrs-Familienausflug nahmen wir dann einfach meinen Volvo. „Das Jahr fängt ja gut an“, meinte mein Vater nur, als wir umstiegen. Und genau der Gedanke ging mir auch durch den Kopf…

Kleiner Cut. Das kleine Malheur ist am 1. Januar diesen Jahres passiert – ich habe nur ein bisschen gebraucht, um genügend Zeit für diese Geschichte zu finden. Inzwischen hat sich die Welt auf ganz schreckliche Art und Weise geändert – aber das brauche ich euch wohl nicht zu erzählen. Und auch wenn es mir schwerfällt und ich lange darüber nachgedacht habe, möchte ich euch auch in dieser Zeit ein bisschen unterhalten, ablenken und euch mit meinen kleinen Schrauber-Geschichten vielleicht ein kleines Lächeln ins Gesicht zaubern. Vielleicht gelingt es mir das ja. Zumindest brachte die Schrauberaktion im Januar etwas Chaos mit sich – und auch gleich eine zweite Schraubergeschichte. Aber dazu später mehr.

Ich bin schuld.

Eindeutig. Also nicht daran, dass der Passat am Neujahrstag kaputtgegangen ist – auch, wenn ich am Steuer saß. Ich bin eher daran schuld, dass meine Eltern immer noch ihren VW Passat Variant in der Farbe „Islandgrau Perleffekt“ fahren, den sie im April 2012 nagelneu gekauft haben. Nach einem kurzen, nicht gerade erfolgreichen Intermezzo mit einem Golf 5 Variant wollten sie damals wieder auf einen Passat umsteigen – und taten es auch. Eine gute Wahl. Der Passat (Der 7. meiner Eltern) ist in den letzten zehn Jahren wirklich eine treue Seele gewesen. Ein Airbagschalter im Handschuhfach, ein Kofferraumschloss, zwei Bremssättel hinten, ein Thermostat und ein neuer AGR-Kühler waren fällig – und das war’s. Könnte sich viel anhören, aber der Kombi in der Farbe „Islandgrau Perleffekt“ hat in den zehn Jahren bei meinen Eltern auch schon fast 270 000 Kilometer abgespult. Ziemlich viel für ein Renterauto. Und ziemlich viel für meine Eltern.

Seit ihrem ersten Passat, den sie 1986 vom nicht mehr existierenden VAG-Händler Langmaack in Heide kauften, fuhren sie immer nur Neuwagen. So ungefähr vier Jahre, dann wurde der Wagen durch den nächsten ersetzt. „Bei 100 000 Kilometer fangen die Reparaturen an!“, meinte mein Vater immer. Und er war dementsprechend schockiert, als ich mir einen Golf mit über 200 000 Kilometer kaufte. Doch meine Eltern merkten, dass er lief und lief und lief und behielten ihren Passat einfach. Bis heute. Und was soll ich sagen? Er läuft und läuft und läuft auch heute noch richtig gut. Obwohl das „böse“ Schummeldiesel-Update schon über 100 000 Kilometer her ist. Bis zum ersten Januar. Da ging er dann doch einmal kaputt.

Hoch soll er heben!

Ein paar Tage später habe ich den Passat dann kurz auf die Bühne gefahren und nachgeschaut. Meine Vermutung war, dass die vordere, linke Feder weggebrochen war. Denn ganz ähnliche Symptome hatte ich, als mir an meinem Golf die vordere, rechte Feder weggeknallt ist. Und mein Bauchgefühl hatte mich nicht belogen: Die Feder war tatsächlich gebrochen. Und zwar auch an der obersten Windung, wie auch bei meinem Golf. Doch anstatt über den Federteller zu springen, sah ich hier etwas, was ich vorher noch nie gesehen habe: Der Federteller lag in der Feder. Und auch ein Teil des Domlagers. Wie das funktionieren sollte, war mir nicht ganz so klar. Ich entschied mich erst einmal dazu, alles zu zerlegen, bevor ich die Neuteile bestellen würde. So würde ich nichts vergessen.

Doch so leicht war das gar nicht. Denn VW verbaut unheimlich gerne Vielzahn-Schrauben. Und eine passende Nuss, um die Schraube an Achsschenkel zu öffnen, hatte ich nicht. Also verzögerte sich die Aktion noch einmal um einen Tag. Ich gab meinen Eltern einfach meinen Golf, weil die mehr fahren mussten als ich im Homeoffice. Zumindest eins fiel mir recht schnell auf: Die Koppelstangen hatten es auch hinter sich. Und zwar so richtig. Aber gut – nach mehr als 250 000 Kilometern sehe ich das jetzt nicht so kritisch. Und teuer waren die auch nicht. Für die Stoßdämpfer und Federn wählte ich Exemplare von Bilstein, für die Koppelstangen Lemförder. Und die neuen Domlager kamen von Sachs. Wenn ich mir die Arbeit schon mache, sollen es auch gute Teile sein. Außerdem ging es mir auch um die Sicherheit meiner Eltern.

Auf die Plätze, fertig…

Ich weiß ja nicht. Arbeiten am Fahrwerk bringen mir gar nicht so viel Spaß – besonders, wenn das Auto kurz vorher durch Matsch gefahren wurde und es draußen echt kalt ist. Aber wat mutt, dat mutt. Und ab und zu möchte sogar ich mal ein guter Sohn sein. Die Beifahrerseite ließ sich wirklich gut zerlegen. Selbst die bösen Schrauben vom Domlager, vor denen mich echt viele Leute gewarnt haben, ließen sich ohne Probleme lösen. Ich hatte mich nach einigem Hin-und-her dazu entschlossen, gleich den ganzen Achsschenkel mit auszubauen. Vielleicht hat mir Lukas auch einen kleinen Tritt in die Richtung verpasst – aber das würde ich niemals zugeben. Das Federbein war innerhalb von zwei Stunden abgebaut. Und ich habe da eher langsam gearbeitet, um alles zu lernen. Trotzdem: Das ging echt gut und fix.

Richtig fies war die Fahrerseite. Die hat sich echt furchtbar gesträubt. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass die Feder sich oben durch alle möglichen Lagen des Domlagers geschossen hatte – oder ob die Seite allgemein doofer ist. Alleine der Ausbau hat mich echt viele Nerven gekostet. Vor allen Dingen, weil Volkswagen (und das machen viele andere Hersteller auch!) eine Stahlschraube durch ein Aluteil gesteckt haben. Das ist für den Leichtbau zwar super, aber zum Arbeiten echt doof. Auf der Beifahrerseite ging die Schraube erstaunlich leicht raus, doch auf der Fahrerseite musste ich mit dem Hammer dabei. Viel schlimmer war aber noch, dass ich den Halter vom Bremssattel nicht abbekam und so den Achsschenkel inklusive Bremsscheibe abbauen musste. Wobei… eigentlich ging das auch noch. Richtig doof war die Antriebswelle, die einfach nicht rausrutschen wollte.

Vorsicht! Lebensgefahr!

Und zwar mal so richtig. Als ich das Federbein dann endlich nach viel Gewackel, Geruckel und Geschlage ausgebaut hatte, wurde mir tatsächlich etwas anders. So gefährlich hatte ich es doch nicht vermutet. Die Feder hatte das Domlager so richtig zerlegt – und die Feder war kurz davor, sich durch das Gummi des Domlagers zu bohren und daran vorbeizuschießen. Das hatte ich so nicht vermutet. Ich machte kurz diese beiden Fotos und holte sofort meinen Federspanner, um das Herausschießen zu verhindern. Das hätte echt böse ausgehen können. Denn glaubt mir: Wenn so eine Feder herausknallt, möchte man nicht danebenstehen. Das kann wirklich zu tödlichen Verletzungen führen. Und das ist uncool. Echt so richtig uncool.

Keine Ahnung, ob die 100 Meter, die ich mit der kaputten Feder gefahren bin, schon ausgereicht haben, um das Domlager so zu zerlegen. Zumindest trat das Knacken erst nach gut 50 Metern auf. Wie dem auch sei: Alles neu macht der Mai. Und der Januar, zumindest wenn es um das Fahrwerk eines Passat Variant geht, der zu der Zeit auf meiner Hebebühne stand. So langsam wurde es dann tatsächlich auch nötig, dass der Passat wieder auf die Straße kam, denn zwischendurch hatten meine Eltern ein kleines Malheur mit meinem Golf – aber das lest ihr hier beim nächsten Mal. Zumindest war mein Golf plötzlich auch nicht mehr verkehrssicher. Wenn es läuft, dann richtig. Zumindest der Zusammenbau des Federbeins ging recht leicht von der Hand, mein Federspanner ist echt ein gutes Teil. Doof: Die Staubschutzmanschetten von Monroe passen gar nicht. Also habe ich die alten wiederverwendet, die waren ja noch heil. Nur halt schmutzig.

Vom Regen in die Traufe.

Naja, ganz so schlimm war es zuerst nicht. Das Federbein war fertig – und ich entschied mich dazu, erst einmal etwas für den Rostschutz zu tun. Denn tatsächlich: Nach zehn Jahren hat der Passat an einigen Stellen schon etwas Flugrost angesetzt. Das war mir im Winter schon an den hinteren Radhäusern aufgefallen und auch am vorderen, rechten Federbeindom war etwas Oberflächenrost zu sehen. Zum Glück kann man den Rost ja verlangsamen und mit einer guten Konservierung einiges erreichen. Wobei… ich weiß gar nicht, ob erwärmtes Seilfett so gut ist. Zumindest habe ich damit in den letzten Jahren eigentlich nur gute Erfahrungen gemacht. Stinkt halt ein bisschen. Und schmeckt nicht so gut, wenn der erste Sprüher anstatt in den Dom ins Gesicht geht.

Der Einbau dieses Federbeins stellte mich dann aber echt noch einmal vor eine Herausforderung. Obwohl ich penibel auf die Einbaurichtung des Domlagers geschaut und alles gut zurechtgelegt hatte, bekam ich das Federbein einfach nicht eingebaut. Ich glaube, ich habe echt drei oder vier nervöse Stunden gebraucht, um das Federbein samt Achsschenkel einzubauen. Es wollte nicht klappen. Also kamen mir meine Eltern zur Hilfe – ist ja schließlich auch deren Auto. Und dann? Dann klappte es auf Anhieb. Manchmal ist wohl einfach der Wurm drin. Wenn das Domlager hinhaute, wollte die Antriebswelle nicht reinruschten. und wenn die Antriebswelle passte, wollte das Traggelenk nicht. Doof das. Ähnlich doof: Warum nutzt man an einem Fahrwerk Dehnschrauben?! Kann mir das jemand erklären?

So kurz vor’m Ziel…

…ging doch noch einmal so einiges schief. Eigentlich war alles zusammengebaut. Ich brauchte nur noch die Koppelstangen tauschen und die Schrauben der Antriebswellen mit dem richtigen Drehmoment festziehen. Doch genau da kam es zu einem Malheur, was mich noch einmal einige Stunden Arbeit gekostet haben. Ich hatte nicht darauf geachtet, ob das Gewinde der Koppelstange von Lemförder gut geschnitten war. Mit Lemförder habe ich bisher nur gute Erfahrungen gemacht und denke auch, dass das eine Ausnahme war. Auf jeden Fall drehte die Mutter irgendwann weder vor noch zurück – obwohl ich sie nur eben von Hand aufgesetzt hatte. Das Gewinde der Koppelstange war kaputt. Und beim ersten Versuch, die Mutter wieder abzudrehen, drehte ich den Vielzahn zum Gegenhalten rund. Super das. Und weil es die obere Schraubverbindung war, kam ich auch nicht mit einem Trennschleifer ran. Es gibt einen Grund, warum ich die fünf Stunden Arbeit weder fotografiert noch gefilmt habe…

Apropos Film – hier könnt ihr euch anschauen, wie die Schrauberaktion am Passat ablief. Vielleicht habt ihr ja Lust dazu. Nach fünf Stunden hatte ich die kaputte Koppelstange auf jeden Fall mit viel Mühe herausoperiert. Die zweite Koppelstange war astrein – die habe ich auch eingebaut. Und weil der Passat dringend wieder auf die Straße musste, kam auf die Beifahrerseite erst einmal wieder eine alte rein. Doof das – aber half ja nichts. Ungefähr zwanzig Kilometer waren meine Eltern damit ungefähr unterwegs, bis ich die zweite Koppelstange auch noch getauscht habe.

Und nun? Nun haben sie seit der Reparatur gut 5000 Kilometer gefahren. Und das Auto fährt richtig schön und ist auch wieder recht knackig unterwegs. Auch wenn mich die Aktion so einige Nerven gekostet hat, war es das doch wert. Der Passat war happy, meine Eltern waren happy und ich war happy. Und mein Golf Harald? Der war kaputt.

Aber das erzähle ich euch beim nächsten Mal.

Über Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.
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