An die Deckel, fertig, los! – Ventildeckelrennen 2023

Habt ihr schon mal etwas von einem „Ventildeckelrennen“ gehört? Nein? Ich auch nicht.Also habe ich einfach mal mitgemacht. Und so viel kann ich verraten: Es bringt echt Spaß!

Jap, ihr habt richtig gehört: Ventildeckenrennen

Hätte Olli mir nicht davon erzählt, hätte ich wohl es wohl 1. verpasst und 2. überhaupt gar nicht erst gewusst, was ein Ventildeckelrennen ist. Tatsächlich sind Ventildeckelrennen aber wohl ein recht großes Ding – besonders in den USA und Großbritannien. Für die „Rocker Cover Racers“ gibt es da wohl auch so richtig in Meisterschaften. Eigentlich bauen Leute da aus alten (oder neuen) Ventildeckel schmucke und schnelle Rennwagen und schicken die eine Rampe herunter. Und der schnellste Ventildeckel gewinnt. Hört sich nach Spaß an, oder? Das dachten sich wohl auch ein paar Mitglieder der Oldtimerfreunde Bunsoh und Umgebung e.V., die es anscheinend auf einem Oldtimertreffen in Großbritannien kennengelernt haben und die Idee so toll fanden, dass sie es nach Norddeutschland bringen wollten. Und das haben sie auch. Und zwar nicht nur nach Norddeutschland, sondern sogar nach Dithmarschen, meiner Heimat. Als Olli mir davon erzählte, war für mich sofort klar, dass ich mitmachen wollte. Einzig ein Ventildeckel fehlte mir.

Doch zum Glück gibt es eBay. Naja, es gibt auch andere Plattformen, auf denen man Ersatzteile kaufen konnte, ich fand diesen Ventildeckel aber auf eBay. Eigentlich wollte ich einen kleinen Ausflug zum Schrottplatz machen und euch davon berichten – aber irgendwie rannte mir die Zeit davon. Letzten Montag habe ich den Ventildeckel gekauft. Fünf Tage vor dem Rennen. Ich weiß – Pünktlichkeit und so. Aber egal. Habt ihr schon erkannt, um was für einen Ventildeckel es sich handelt? Na? Nein. Kein VW. Und auch kein Volvo. Einen Versuch habt ihr noch! Opel stimmt fast. Dieser Ventildeckel, der in seinem Leben schon so manche Farbschicht gesehen hatte, stammte von einem Vauxhall Chevette mit 1,3 Liter-Motor. Gekauft habe ich ihn, weil er günstig war. Und irgendwie cool aussieht. Was modernes wollte ich nicht so gerne haben.

Paint it black!

Falls ihr es sowieso nicht schon gedacht habt: Ich habe früher gerne Modellbau betrieben. Naja, eigentlich mache ich es ja noch, nur dass die Modelle inzwischen nicht mehr aus Plastik sind, sondern aus Rost und sich dem Maßstab 1:1 zurechnen lassen. Und falls ihr nicht selber schrauben könnt, es aber gerne wollt, dann wäre Modellbau auch mein Tipp für euch. Ihr müsst geduldig und extrem sorgfältig sein, um gute Ergebnisse zu erreichen. Sei es beim Zusammenkleben oder beim Lackieren. Außerdem lernt man viele Tipps und Tricks. Meine liebste Oldi-Pilotin hatte auch Lust aufs Rennen – und sehr schnell hatten wir uns auf eine Farbgebung geeinigt. Außerdem sollte der Watt’n Renner schon so aussehen, als hätte er schon viele Rennen hinter sich. Ein bisschen so wie die alten HotRods, die beim Römö Motorfestival über den Strand heizen. Und dafür kam über das angeschliffene Silber erst einmal eine Schicht schwarzmatt. Und dann braun.

Außerdem hat der „Used-Look“ noch etwas Gutes: Ich musste nicht so viel Schleifen. Dafür blieb mir auch einfach keine Zeit. Um ihm ein bisschen Sportlichkeit zu verpassen, wurde der Renner rot – ein bisschen wie ein Ferrari. Oder mein alter Golf Kombi Harald. Egal. Rot! Aber nur rot war doch ein bisschen langweilig. Und so klebte ich nach dem Durchtrocknen des roten Lacks noch einen Rallyestreifen ab. Natürlich ganz professionell mit Klebeband aus dem Sonderpostenmarkt und Küchenrolle mit weihnachtlichem Motiv. Falls ihr euch auch einen Renner kaufen wollt, ist die weihnachtliche Küchenrolle echt wichtig. Die ist nämlich aktuell deutlich günstiger als die normale. Nur so als kleiner Tipp. Zum Abkleben taugt Küchenrolle übrigens gar nicht mal so doll. Aber es musste halt schnell gehen. Da nimmt man schon mal Abkürzungen.

Let’s fetz!

Ich habe keine Ahnung, warum der beigefarbene Lack mit dem roten reagiert hat. Beides stammt vom selben Hersteller – und beides ist angeblich die gleiche Lackart und sollte sich vertragen. Was für ein Glück, dass der Watt’n Renner eine Patina tragen sollte. Dazu passt so ein abblätternder Lackeffekt super – bei einem Hochglanzding hätte ich mich geärgert. Was ihr auf dem Bild dort noch seht, sind Wackelaugen. Der Öldeckel hatte meiner Meinung nach so eine coole Form, dass das einfach der Kopf vom Fahrer sein musste. Und der brauchte Wackelaugen. Und das Auto auch. Denn alles ist cooler mit Wackelaugen. Naja, außer Elsa vielleicht. Die ist so schon echt verdammt cool – aber auch das ist ein anderes Thema. Irgendwie schweife ich andauernd ab. Apropos Abschweifen…

Achnee. Abschleifen meinte ich. Egal. Mit einem Scheuerschwamm, feinem und gröberen Schleifpapier und einem Topfreiniger wurde dann der Lack bearbeitet. Dann baute mein Vater (der Zeitmangel…) parallel ein Fahrwerk mit den Rädern eines alten Teewagens, während der Fahrer noch Ärmchen aus Heißkleber und ein Lenkrad aus einem Gummistopfen bekam. Et voila – der Watt’n Renner war fertig. Und so fuhren wir am morgen des 24. Februars in Richtung Glüsing. Glüsing ist ein kleiner Ort im Nordosten Dithmarschens mit nur knapp über 100 Einwohner. Eigentlich kann man Glüsing schnell mal übersehen, wenn man zu schnell durchfährt. Doch das wäre schade, denn es ist wirklich schön dort. Das fiel an dem Morgen besonders auf: die Sonne strahlte und es wurde auf dem Weg vom Parkplatz zur Rennstrecke schon so richtig warm. Kaum auf dem Platz angekommen, begrüßte Olli uns schon und schob uns in Richtung Anmeldung. Und holla die Waldfee – da war vielleicht schon was los!

Starke Konkurrenz

Gestartet wurde in drei Klassen: Bis 3 Kilogramm, 3 bis 8 Kilogramm und 8 bis 13 Kilogramm. Unser Watt’n Renner bestand die technische Abnahme – und uns wurde ein Gewicht von 1,5 Kilogramm bescheinigt. Wir stellten ihn neben die beiden Käfer-Ventildeckel von Olli und schauten uns das restliche Starterfeld an. Und ich muss sagen: Hut ab! Unser roter Renner mit Wackelaugen sah dagegen richtig langweilig aus. Neben Ventildeckeln mit einem Huhn, das während der Fahrt Eier legt, bis zum Rustbomber von Andis Funktionspunk war irgendwie alles dabei, was ihr euch nur vorstellen könnt. Dagegen wirkte der Watt’n Renner irgendwie fast ein bisschen langweilig. Aber egal – Wackelaugen gehen immer. Und zumindest ich hab den roten Renner richtig lieb gewonnen. Auch wenn ich schon deutlich sehen konnte, dass wir eigentlich keine Chance hatten.

Aber egal – es geht ja nur um den Spaß. Und den hatten wir schon. Alleine all die verschiedenen Ventildeckel, die es gab! Keine Ahnung, ob noch einer von einem Vauxhall Chevette dabei war – aber gefühlt von jedem anderen Auto war einer dabei. Auch von einem Austin, der mit uns ein bisschen die britische Fahne hochhielt. Zwischendurch hörten wir auch schon Leute Testfahrten machen – das hätten wir im Nachhinein vielleicht auch tun sollen. Aber ins kalte Wasser springen macht ja auch irgendwo viel mehr Spaß. Während sich die Tische mit Rennern füllte, schauten wir uns ein wenig auf dem Gelände um, auf dem das Ventildeckelrennen stattfand.

Dream a little dream…

Es gibt Leute, die leben einfach einen Traum. Und ein Traum von mir ist es ja, irgendwann mal ein kleines, eigenes Museum zu haben. Um die Geschichte zu wahren und zukünftigen Generationen zu zeigen, wie die Leute früher so gelebt haben. Und einer der Veranstalter des Ventildeckelrennens hat genau das gemacht. Unfassbar. Ich hatte zwischendurch schon Angst zu dehydrieren – vor lauter Sabberei. In jeder Ecke gab es etwas Neues zu entdecken, irgendwo tauchte immer wieder ein Oldtimer auf. Und einige davon standen sogar zum Verkauf. Und bei dreien hätte ich dann auch noch echt schwach werden können – doch zum Glück sagt mein Kontostand dauerhaft nein. Erst einmal müssen alle Projekte fahren, bevor neue rangeholt werden. Zumindest sage ich mir das einfach immer wieder. Immer und immer wieder. Der Altblechvirus ist halt ein hartnäckiges Biest.

Wir hatten noch einige Stunden Zeit bis zum Start – doch die vergingen echt wie im Fluge. Zwischendurch gab es dann noch ein Stück Nacken im Brötchen, um nicht tatsächlich noch vor lauter Freude umzukippen. Das ist zum Glück nicht passiert. Auch wenn mir vor lauter Eindrücken zwischendurch echt ganz kurz schwindelig war. Aber vielleicht erfüllt sich mein Traum ja auch irgendwann. Zumindest arbeite ich dran. Und wenn man ganz fest an Träume glaubt, dann gehen sie auch in Erfüllung. Zumindest ist das meine Erfahrung bisher und auch eine ganz nette Vorstellung, wie ich finde. Eine nicht so nette Vorstellung war ein zerschellender Watt’n Renner am Ende der Startbahn. Zumindest kam der Gedanke in meinen Kopf, als wir uns an der Startbahn aufreihten. Die 3 Kilo-Klasse startete als erstes. Und tatsächlich wurde ich ein bisschen nervös…

Auf die Plätze…

Es gilt das K.O.-Prinzip. Wer bei der ersten Runde zuerst unten ankommt, macht weiter. Wer als zweiter unten ankommt, der verliert. Nach und nach wurden die Nummern gezogen – nur unsere 166 ließ auf sich warten. Aber so konnten wir in Ruhe Olli anfeuern, der mit seinem grauen Käferdeckel tatsächlich in die zweite Runde kam. Und war für coole Ventildeckel dabei waren. Ich will nicht wissen, wie viele Stunden in einige der Renner geflossen ist. Außerdem gab es schon Fachgespräche mit Worten wie „Leichtlaufkugellager“, „Idealgewicht“ oder „Spureinstellung“. Es wurde schon recht deutlich: die meisten hatten ihre Renner schon lange fertig und erprobt. Und nicht eine Stunde vor dem Rennen final zusammengebaut, so wie wir. Aber egal. Und dann wurde irgendwann unsere Nummer aufgerufen. Ich trug den Watt’n Renner die Treppe hoch aufs Podest und…

Stellte ihn hin. Und anscheinend hatte ich nicht nur auf dem Bild ein Brett vor dem Kopf. Der Fahrer unseres kleinen Renners wohl auch. Ich sag mal so: Während unser Renner noch unterwegs war, war unser „Gegner“ schon unten. Ihr glaubt mir nicht? Es gibt sogar Videobeweis:

Zumindest ist er unten nicht zerschmettert. So waren wir also recht schnell raus aus dem Rennen – aber es hat uns überhaupt nichts gemacht. Alleine das Bauen des Renners und die ganze Atmosphäre da waren viel wichtiger als das Rennen ansich. Auch wenn unser Ehrgeiz nun geweckt ist. Sowohl meine liebste Oldi-Pilotin, mein Vater und auch ich möchten im nächsten Jahr jeder mit einem eigenen Renner antreten. Ich habe mir schon einige Notizen gemacht – zumindest gegen meine beiden internen Konkurrenten will ich dann gewinnen ;-). Scherz beiseite. Wir verstauten unseren Renner wieder ins Fahrerlager und schauten noch den anderen tollkühnen Rennwagen zu. Einige hatten echt Dampf auf dem Kessel und waren irre schnell.

Danke!

Irgendwann wurde es recht kühl und Zuhause wartete auch noch ein kaputter Benz. Im leichten Schneefall fuhr uns mein alter Golf Kombi wieder zurück an die Nordseeküste. Der Watt’n Renner bekommt einen Ehrenplatz in meiner Garage – und als Andenken an den schönen Tag kaufte ich noch ein altes Schild als Wanddeko. Und während ich hier nun sitze, an der Geschichte schreibe und nebenbei immer mal wieder Skizzen für den Renner mache, der bei der nächsten Ausgabe stattfinden soll, möchte ich mich ganz herzlich bei den Organisatoren des Ventildeckelrennens bedanken. Es ist wirklich toll, was ihr auf die Beine gestellt habt. Es hat echt irre viel Spaß gemacht. Ich hoffe sehr auf eine nächste Ausgabe und freue mich schon darauf.

Dann hat mein Renner aber Leichtlaufkugellager.

Über Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.
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