Schrott, Schrauben, Schlemmen

Eigentlich gehe ich nicht gerne shoppen. Außer, es geht um Autoteile. Dann mag ich es. Und wenn dann noch Freunde dabei sind, mag ich es noch mehr. Ab auf’n Schrottplatz!

Eine Art Mini-Roadtrip.

Es war ein früher, nebeliger Samstagmorgen. Der Dieselmotor meines Golf Kombis schnurrte zufrieden über die Autobahn, im Radio spielten The Sonics. Ich fühlte mich fast wie auf einem kleinen Roadtrip. Vor mir fuhr eine silberne E-Klasse, darin saßen Karsten, Olli und Torsten. Und hinter mir cruiste ein Opel Omega B Caravan mit Daniel am Steuer. Und natürlich war das kein Zufall, dass wir alle zur gleichen Zeit auf der A23 in Richtung Süden rollten, nein. Wir hatten alle das gleiche Ziel: Wir wollten nach Norderstedt. Und dort nicht die schöne Altstadt anschauen (Falls Norderstedt eine hat, ich war noch nie so richtig im Ort), sondern eine der größten Autoverwertungen in Deutschland besuchen. Kiesow heißt der Betrieb und man kann dort noch so richtig selbst schrauben. Und nein – das ist hier ist keine Werbung. Nur ein kleiner Bericht über einen wundervollen Tag unter Freunden, alten Autos und leckerem Essen.

Um 10 Uhr wollten wir uns alle auf dem Parkplatz der Autoverwertung treffen. Klaus und Andrea warteten schon in Andreas neuem Volvo 245, als unser Dithmarscher Konvoi dort eintraf. Wir hatten uns noch nicht einmal richtig begrüßt, da kamen Gerlind und Heiko auch schon angestromert. Und nochmal nur einen Hauch später kam Dawid in seinem Volvo 244 an. Eigentlich fehlte nur noch Olaf. Olaf hatte aber eine Entschuldigung. Der Elbtunnel war gesperrt und über die Elbe mussten an dem Tag anscheinend recht viele. Kurz vor den Elbbrücken stand der Arme im Stau. Aber seinen Volvo 940 stört sowas nicht – und so kam er auch nicht wesentlich später an als der Rest von uns. Fast ein kleines Volvo-Treffen hatte sich gebildet. Und ein kleines VW-Treffen. Und ein Mercedes war ja auch da. Hätte ich nun noch einen Opel, hätte ich bei allen mitreden können.

Auf zur Teilejagd!

Bewaffnet mit Einkaufskörben mit und ohne Griffen, Werkzeugkästen (So gut wie Dawid war ich nicht vorbereitet), strahlendem Sonnenschein und Einkaufslisten zogen wir also los. Wir sind bestimmt nicht die ersten Leute, die sich samstags auf einem Schrottplatz treffen, um dort nach Teilen zu jagen. Daniel suchte nach einem knick- und rostfreien Kotflügel für seinen Omega, der aktuell noch sein Dailydriver, aber bestimmt irgendwann auch nur noch ein reines Sommerauto ist. Klaus und Andrea suchten ein paar Teile für ihren 245, Olaf eine Antenne für seinen 940, Karsten, Torsten, Gerlind und Heiko suchten nichts, sondern wollten nur gucken. Und ich? Höchstens ein paar Radkappen für Harald. Letzten Winter sind mir ein paar VW-Zeichen weggeflogen und nun sehen die Dinger so nach Baumarkt-Radkappen aus. Das mag ich nicht so gerne. Aber eigentlich wollte ich nur einmal schauen, was man alles so für Raritäten entdecken konnte.

Und schon das erste Auto, das meine noch müden Augen erblickten, war eine Rarität. Naja, zumindest aufm Schrottplatz. Oder wann habt ihr das letzte Mal einen Strich-Acht auf’m Schrott gesehen? Das wird schon eine Zeit lang her sein. Aber meine Güte – war der da gammelig. Er wird bestimmt noch für einige Liebhaber dieses Modells tolle Teile spenden, aber den wieder auf die Straße zu bringen – das ist eine noch größere Aufgabe, als Hein und Krümel zusammengerechnet. Ich habe keine Ahnung, was für eine Maschine in dem Auto steckte. Ist es sehr klischeegeladen, wenn ich bei einem grünen Benz mit Anhängerkupplung gleich an einen Bauern-Diesel denke? Vielleicht. Vielleicht war es ja auch ein größerer. Ich habe keine Ahnung. Ein Blick auf die Kofferraumhaube hätte wohl geholfen, aber dafür bin ich einfach nicht lang genug.

„Die sind doch noch neu?!“

Unser Menschenpulk verteilte sich relativ schnell. Gerlind und Heiko zogen zu den Japanern. Andrea, Klaus, Dawid und Olaf stürmten auf die Schwedenecke, während Torsten, Olli und Karsten tief in die Welt der Mercedes und der alten VW eintauchten. Daniel und ich entschieden uns dazu, erst einmal die Reihen zu durchforschen, bevor wir uns gezielt auf Teilesuchen machten. Es ist echt krass, was für junge Autos dort stehen. Viele der Autos dort auf dem Schrott waren deutlich jünger als meine. Warum sie da stehen? Keine Ahnung. Ich tippe aber, dass es meist wirtschaftliche Totalschäden waren, die die Autos auf ihre letzte Reise gebracht haben. Vielleicht wurden sie auch so unzuverlässig, dass ihre Besitzer die Lust verloren haben. Oder der Wartungsstau wurde einfach zu viel. Was wirklich schade ist. Denn oft braucht es nur ein bisschen Arbeit, damit Dinge wieder funktionieren. Klar – es kostet Zeit und Nerven, die muss man erst einmal sammeln. Aber hat man das erst einmal geschafft, dann können kaputtgeglaubte Dinge noch ewig halten. Außer sie heißen Hein…

Ich finde es wirklich schade, dass Autos und andere Dinge immer zu schnell weggeworfen werden. Mit etwas Pflege kann man jedes Auto ewig laufen lassen. Klar – es gibt auch Phasen, in denen gefühlt alle zwei Wochen etwas kaputtgeht. Und die können auch lange anhalten. Aber wenn man die übersteht, gut repariert und gute Teile erwischt, kann man von seinem Schätzchen wieder lange Spaß haben. Jeder von euch weiß es garantiert, dass ein Auto die Beziehung zum Besitzer manchmal ziemlich auf die Probe stellt. Mir ging es bei jedem Auto schon so – und aktuell ist eine Phase, wo sogar fast alle ein bisschen herumzicken. Das nervt immer tierisch. Aber wenn alles fährt und man alles repariert hat, dann ist das ein echt wunderbares Gefühl. Außerdem – wer sagt einem denn, dass ein neues oder anderes Auto so viel zuverlässiger wäre? Garantieren kann das niemand. Selbst die neusten Autos können ziemlichen Ärger machen.

„Was machst du denn hier?“

Auch das fragten wir uns mehr als einmal. Nachdem Olaf leider nicht erfolgreich bei der Antennen-Suche war, schloss er sich Daniel und mir an und schlenderte mit über die Reihe. Besonders schade fanden wir es irgendwie um diesen Orion. Der Ford hatte zwar ein Knick im Seitenteil und etwas Rost am Kotflügel vorne, ansonsten sah der Wagen aber eigentlich noch recht brauchbar aus. Auch von innen war die Rucksack-Variante des Escorts noch nicht verschlissen aus. Und die Motoren sind, soweit ich weiß, ja auch recht stabil. Es tat mir echt leid um das Auto. Falls ihr also einen Orion habt, dann mal ab nach Norderstedt. Noch ist er recht komplett. Und es wäre echt schön, wenn noch möglichst viele Teile von ihm weiterleben könnten. Ich finde, dass er das wirklich verdient hätte.

Auch Andrea und Klaus schlossen sich uns wieder an, Karsten und Olli folgten auch. Unser Ziel war die Opel-Reihe. Daniel hatte da einen rost- und knickfreien Kotflügel gefunden, der frisch lackiert super an seinem Omega aussehen würde. Auf dem Weg dahin kreuzte dieser Calibra den Weg. Holla die Waldfee, war das Ding vielleicht morsch. Wenn ich mir das Auto so ansehe, bin ich mir recht sicher, dass er schon einmal neu lackiert wurde – und vielleicht wurde da möglicher Rost eher mit Spachtel anstatt mit Blech behandelt. Alter Schwede, war das Auto faulig. Dagegen wirkte ja Hein wie ein Neuwagen. Aber ich will nun keine Klischees bedienen. Das machen andere Mercedes-Fans schon häufig genug, um den von Rostproblemen ihrer Marke abzulenken. Wobei der Moos-Vectra auch nicht unbedingt eine Werbung war. Aber andere Autos standen tatsächlich da, als wären sie gerade vom Band gelaufen. Ein Astra F Caravan wirkte eigentlich wie neu… Schade drum.

Fast wie Ostern!

Daniels Kotflügel wehrte sich ein wenig beim Abbau, aber das lag eher an einer rundgedrehten Schraube. Aber mit etwas Überzeugungsarbeit und den richtigen Handgriffen von Olaf und Daniel ging der Kotflügel dann doch relativ schnell ab. Wirklich komplett rostfrei und ohne Dellen – der Lackierer wird sich freuen! Daniel hatte aber auch noch einen anderen Auftrag. Ein Kollege von ihm suchte Kotflügel für einen Mercedes Vaneo. Jap, ihr habt richtig gelesen. Für dieses ulkige A-Klassen-Van-Ding von Mercedes, das Anfang der 2000er vom Band lief. Es gibt tatsächlich Leute, die so etwas restaurieren und jetzt schon retten. Ich finde ihn ja deutlich hässlicher als einen Multipla – aber ich freue mich umso mehr, dass jemand so einen echten Underdog rettet. Einen Vaneo, der gerade von zwei Leuten geschlachtet wurden, fanden wir. Und die Kotflügel waren sogar noch richtig gut.

Doch was ebenfalls sehr gut war, war die Motorhaube eines S210, der neben dem Vaneo lag. Die beiden Herren, die den Vaneo schlachteten, wollten aus dem Auto das Schiebedach haben, an der Haube hatten sie eher kein Interesse. Karsten dafür umso mehr. Die Haube seines Balkantaxis gibt so langsam auf – und die hier war praktisch wie neu. Kein Rost, nicht mal ein nennenswerter Steinschlag. Und sie glänzte wie frisch poliert. Nachdem Karsten an der Kasse fragte, was die Haube wohl kosten würde und ein „120 Euro“ als Antwort kam, stand die Entscheidung: Die kommt mit! Doof nur, dass Olli bei Karsten mitgefahren war und nicht anders herum. In eine W212 Limousine bekommt man keine Motorhaube. Und in einen Golf 4 Variant leider auch nicht. Aber vielleicht ja ein einen Omega. Daniels Augenmaß schien den zuzustimmen. Und so wurde ich ganz kurz ein Haubenhalter.

Tetris spielen

Ein bisschen mulmig war mir ja schon, als wir, beladen mit einer praktisch neuwertigen Motorhaube in Richtung Parkplatz liefen. Es ist unfassbar, wie uneben einem alles vorkommen kann, was einem ohne kostbare Motorhaube auf dem Einkaufswagen nie aufgefallen wäre. Und – was ich auch gemerkt hat – läuft man einige hundert Meter rückwärts, bekommt man am nächsten Tag echt heftigen Muskelkater. Aber vielleicht liegt das auch einfach nur an meiner Kondition. Das will ich auch nicht zu laut beschreien. Beim größten Abenteuer hielt ich mich dann aber doch ein bisschen raus und ließ das Leute machen, die sich nicht so leicht verletzen oder denen Bauteile nicht ganz plötzlich in Flammen aufgehen: Das Einladen in den Omega. Jetzt könnt ihr noch schnell raten, ob eine Mercedes-Motorhaube hinten in einen Omega B Caravan passt. Was tippt ihr?

Ich hätte fast meine linke Pobacke verwettet, dass es nicht passen würde. Und hatte schon ganz spöttisch bei Kleinanzeigen nach Dachträgern in Norderstedt geschaut. Doch da ich jetzt hier gerade mit Schlagseite vorm Computer sitze, kann ich euch verraten: Es passt tatsächlich. Wahnsinn! Ich hätte das nie gedacht, wie viel Platz in dem großen Opel ist. Ich mag alte Opel ja sowieso schon gerne – und der Omega ist auf meiner Favoritenlisten auf jeden Fall ein ordentlich Stück gewachsen. Was für ein riesiges Schiff. Das fand ich cool – und die anderen auch. Da wird garantiert so mancher Volvo neidisch auf den Kofferraum – sorry, liebe Volvo-Fans. Aber das glaube ich tatsächlich. Nach der Verlade-Aktion machten wir uns alle auf den Weg zu einem Restaurant nach Hamburg-Schnelsen. Der Hunger war da, kalt war uns auch – ideal für eine kleine Snackpause.

Watt’n Tach!

Von der kleinen Snackpause, der kleinen Tour in die Haseldorfer Marsch und der kleinen Kuchenpause habe ich gar keine Fotos gemacht. Und geklaut habe ich schon für diesen Beitrag genug. Davon könnt ihr bei Olaf nachlesen, der auch über den kleinen Ausflug zum Schrotti gebloggt hat: Futtern und Fahren Auf jeden Fall merkte ich wieder, wie gut es mir nach dem Tag ging. Ich habe nicht mal etwas sonderlich spannendes gefunden. Vier Radkappen für Harald, genauso, wie sie schon immer auf dem Wagen waren. Bei zweien meiner alten Radkappen waren mir im letzten Winter die VW-Zeichen weggeflogen – und das sah irgendwie doof aus. Und ganz ohne Radkappen wollte ich auch irgendwie nicht durch den Winter fahren. Doch nicht deswegen freute ich mich so. Es ist einfach schön, einen Tag mit Leuten zu verbringen, die das Herz am rechten Fleck haben und den Tag genauso genießen wollen, wie man es selbst möchte. Auch, wenn es nur ein Ausflug zum Schrott war, lädt so etwas die Batterien auf und tut der Seele gut. Im Alltag muss man schon ernst genug sein – da sollte man sich zumindest die Freizeit lustig gestalten.

Achja – falls ihr euch wundert, ob es die Motorhaube wieder heil aus dem Omega geschafft hat: Ja, hat sie! Karsten, Daniel und ich waren zwar etwas nervös, aber die Motorhaube ging noch leichter raus, als sie ins Auto geladen werden konnte. Wenn das kein runder Abschluss für einen rundherum gelungenen Tag ist, oder? Mal sehen, wann wir die nächsten Tour machen. Ich werde zwar nichts brauchen, aber trotzdem mitkommen.

Und Karsten? Lass Olli das nächste Mal fahren.

Über Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.
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3 Antworten zu Schrott, Schrauben, Schlemmen

  1. Thorsten sagt:

    Wenn mal gefühlt alle derAltautos gleichzeitig zicken…

    Das kenne ich. Ist bei mir grade so und zu allem Überfluss ist am Donnerstag noch die Heckscheibe des Winter-Octavia einfach so geplatzt. Also 940 fahren, der Rest wird entweder gerade anderwertig gebraucht oder steht bereits in der Winterquarantäne.
    Aber Samstag wird das nächste Opfer geholt. Noch ein A2, Diesel und ich konnte beim Preis nicht wiederstehen…
    Dann ist immerhin ein Winter-Ausweichauto vorhanden, der 940 muss im Januar in Blechkur.

    Weiterschreiben Lars und Grüsse aus Niedersachsen!

  2. Thorsten sagt:

    Hihi…

    An dieser Stelle muss ich noch mal erwähnen, wie klein die Welt ist. Ich hatte den werten Ost-blog Olaf heute dienstlich am Telefon, und als ich sagte „aha, der Passat-Fahrer“ wusste er mal nichts mit mir anzufangen. Ich hab ihm dann als ehemaliger 32b-Fahrer etwas auf die Sprünge geholfen und erwähnt, das du auch schon einmal bei mir warst. Lustig…

    Ich glaube, ich muss mich auch mal mit euch zum Schrott-Bummel verabreden. Oder bei dem nächsten Törn mitfahren.

    Grüsse!

  3. Pingback: LowBudgetBenz - Teil 16: Das Antennenloch - Watt'n Schrauber.Watt'n Schrauber.

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