Projekt LowbudgetBenz Teil 3: Veilchen sind blau

Dieses Mal kein Video, sondern einfach nur ein normaler Schraubertagebuch-Eintrag. Keine Sorge – ich schmeiße den alten Kahn nicht weg. Wenn er auch gerade so aussieht.

Ich freue mich!

Endlich mal wieder ein richtiges Schrauber-Tagebuch. Das habe ich das letzte Mal bei der Restauration von Elsa gemacht – und inzwischen fährt die alte Volvo-Dame schon wieder fünf Jahre. Es hat mir damals immer viel Spaß gebracht, meine Ergebnisse (und vor allen Dingen Rückschläge) nach einem mehr oder weniger erfolgreichen Tag zu „Papier“ zu bringen und die Fortschritte langsam zu sehen. Also werdet ihr das auch von Hein einmal wieder zu lesen bekommen, denn ich möchte an dem alten Mercedes so einige Dinge ausprobieren, die ich vorher noch nie gemacht habe. Und weil doch relativ viele gefragt haben, ob ich auch weiterhin Videos machen werde: Zwischendurch werde ich immer ein kleines Update hochladen, für Leute, die nicht jede Geschichte lesen mögen. Aber noch viel eher für mich, um es mir in ein paar Jahren hoffentlich noch einmal anzusehen.

Aaaalso. Hein. Wenn ihr neu dabei seid, sollte ich euch Hein vielleicht erst einmal vorstellen. Das mache ich aber nicht. Im ersten Teil könnt ihr nachlesen, wer oder was Hein und das Projekt „LowBudgetBenz“ ist. Und wenn ihr dann schon dabei seid, könnt ihr auch gleich Teil 2 lesen. Da könnt ihr nämlich sehen, wie ich einen (ehemals) stolzen Mercedes langsam, aber sicher in ein nacktes Gerippe zerlege. Und genau mit diesem nackten Gerippe geht es heute weiter. Naja, eigentlich ging es schon vor einer ganzen Zeit weiter. Denn auch, wenn ich die letzte Geschichte erst vor einer Woche reingestellt habe, habe ich das Auto schon vor vier Wochen zerlegt. Und seitdem ist so einiges passiert. Ich fange aber einfach mal vorne an.

Es gibt viel zu tun!

Im ersten Schritt musste Hein erst einmal umziehen. In der großen Garage, in der er bisher immer stehen durfte, habe ich weder Werkzeug, noch genügend Platz oder genügend Steckdosen, um an einem Auto so richtig schrauben zu können. Und sollte es einmal kälter werden, kann ich die kleinere Werkstatt viel besser beheizen. Bevor Hein aber umziehen konnte, musste er noch einmal seine Anhängerkupplung hergeben. Das ging zum Glück relativ easy – Rostlöser sei dank. Vier Schrauben und ab war das Ding. Die Anhängerkupplung ist übrigens leichter, als ich dachte. Irgendwie hatte ich sie mir schwerer vorgestellt, weil sie schon recht massiv ist. Das hat übrigens auch mal ein VW-T5-Fahrer gemerkt, der mir an der Ampel aufgefahren ist und sich die Anhängerkupplung durch die Stoßstange gebohrt hat. Als ich fragte, warum er denn angefahren sei, obwohl die Ampel noch rot war, sagte er nur: „Ach, dann bin ich doch gerollt?“ Gerollt ist am Tag des Umzugs auch Henkelmännchen, der Hein Platz gemacht hat und nun in der großen Garage wohnen darf.

Zeit für eine Nasen-OP!

Wie lang so ein W124 ist, merkt man eigentlich erst richtig, wenn man ihn in eine Garage stellt, in der vorher ein Golf 1 Cabriolet gestanden hat. Und wenn man das mangels Golf 1 Cabriolet nicht machen kann, kann man einfach einmal versuchen, in Hamburg eine Parklücke zu finden, die lang genug ist. Das ist nämlich auch nicht gerade easy. Aber egal. Natürlich hat es einen Grund, warum ich Hein vorwärts in die Garage gefahren habe. Ich möchte mich nämlich von vorne nach hinten durcharbeiten. Und auch unter der Motorhaube gibt es ein bisschen was zu tun. Und zwar:

  • Rostloch unter Wischwasserbehälter schweißen
  • Rost an der Innenseite der Motorhaube entfernen
  • Innenseite der Motorhaube neu lackieren
  • Motordämmatte ankleben
  • Luftfilterdeckel lackieren
  • Motorraum aufhübschen und putzen

Achja – und dann muss ich noch die vordere, rechte Wagenheberaufnahme schweißen. Da ist eine alte Reparatur wohl genauso durchgeführt worden, wie das Blech unter dem Wischwasserbehälter – aber dazu später mehr. Zuallerst baute ich natürlich die Batterie aus. Zum einen sollte sich Hein nicht leerstehen, zum anderen sollte eine Batterie zum Schweißen sowieso immer lieber abgeklemmt werden. Ich habe sie gleich ganz ausgebaut und in Sicherheit gebracht – schließlich ist das eine gute von Varta. Technisch gesehen gibt es unter der Haube auch noch einiges zu tun – das mache ich aber erst, wenn die Karosserie fertig geschweißt ist. Nicht, dass ich noch ein großes Drama finde und Hein schlussendlich doch wegschmeiße. Was ich nicht hoffe.

Und plötzlich flog der Stern.

Warum auch immer, wollte ich mit dem Rost an der Unterseite der Motorhaube beginnen. Das ist an Hein eigentlich wirklich das geringste Problem. Zwar war die Haube von unten schon böse gammelig, aber es war noch nichts durchgerostet. Die schönste Haube aller W124er wird sie aber nicht mehr werden, denn die Rostnarben waren schon echt tief, als ich den Oberflächenrost mit der rotierenden Drahtbürste abgemacht hatte. Zuerst hatte ich kurz überlegt, die Rostnarben zu spachteln – aber das ist mir dann doch zu viel Aufwand. Ich habe sie, soweit es geht, runtergeschliffen. Mit leichten Unebenheiten bin ich da voll zufrieden – so genau wird da sowieso niemand schauen. Um dem Rost so richtig auf die Pelle zu rücken, wollte dann den Kühlergrill abbauen – und dafür muss der Mercedes-Stern ab. Eigentlich ist so ein Mercedes-Stern mit einem Bajonettverschluss fest, den man von unten nur um eine viertel Umdrehung drehen muss, um den Stern dann rauszunehmen. Eigentlich.

Bei Hein war dieser doofe Verschluss aber irgendwie verbogen – und der sture Kahn wollte den Stern einfach nicht loslassen. Ich habe tatsächlich über eine Stunde geflucht, gemeckert und geschwitzt und war mir sicher, ich würde den Stern nicht mehr aus der Haube bekommen, ohne die Motorhaube aus ihren Scharnieren zu reißen. Bis… ja, bis es auf einmal einen Knall gab, mir etwas unter meiner Brille hindurch gegen das Auge flog und der Stern langsam die Haube herunterrutschte. So ein Mercedes-Stern ist nicht einfach nur so ein starres Emblem, das erhaben auf der Kühlerhaube sitzt, sondern tatsächlich recht komplex aufgebaut. Mit allerlei Federn soll der Stern nämlich verhindern, dass sich Fußgänger darauf aufspießen, wenn der typische Mercedes-Fahrer mit Hut einfach so auf die Kreuzung brettert. Und genau dieser Mechanismus hatte bei mir leider nachgegeben – und der Bajonettverschluss hatte mir ein tolles Veilchen verpasst. Watt’n Schrauber. Ihr kennt das.

Rost, Rost, Rost.

Eigentlich brauche ich gar nicht erwähnen, was ich unter dem Kühlergrill fand, oder? Genau. Rost. Ich weiß nicht genau, ob Hein Motorhaube schon einmal lackiert wurde. Dieser „Farbunterschied“, den ihr da sehen könnt, kommt übrigens von einer Dichtung, die zwischen Kühlergrill und Motorhaube sitzt. Die war an der Karosserie festgeklebt. Keine Ahnung, ob das so original ist – das können mir die Mercedes-Spezis unter euch aber wohl leicht sagen. Auf jeden Fall sollte dann auch der Rost weg. Um den Rost nicht weiterrosten zu lassen, nutze ich seit einigen Jahren Owatrol. Owatrol ist kein Rostumwandler wie Fertan, sondern eher eine Rostversiegelung. Das war mir hier auch lieber, denn Fertan muss man ja nach seiner Einwirkzeit abwaschen – und wenn das Zeug in die Hohlräume läuft, ist das nicht gerade förderlich.

Kleiner Nachteil beim Owatrol: Es trocknet recht langsam. Ich weiß nicht, ob es an der Luftfeuchtigkeit lag, aber erst nach drei Tagen konnte ich die Stellen an der Haube mit Epoxy-Grundierung behandeln. Und als ich wiederum einen Tag später lackieren wollte, ging etwas schief. Der Lack vertrug sich nicht mit der Grundierung – obwohl von der gleichen Firma. Schietkram, aber hilft nichts. Also habe ich den ganzen Mist noch einmal runtergeschliffen, mir eine neue Spraydose Grundierung gekauft und noch einmal alles von vorne gemacht – mit Erfolg. Im Nachhinein ärgere ich mich ein wenig, dass ich keinen Füller genommen habe, der nicht nur die Rostnarben, sondern auch einige Schleifspuren noch etwas kaschiert hätte. Aber egal – das wird später, genauso wie der kleine Läufer auf dem Bild – wahrscheinlich sowieso nicht wirklich auffallen – außer, ich erzähle es jemanden. Und das würde ich ja nie tun. Ich würde es höchstens schreiben 😉

Bei der nächsten Baustelle hilft nicht mehr nur Grundierung und Lack – da geht es dann schon echt ans Eingemachte. Diese „zeitwertgerechte“ Reparatur hat mir echt Kopfzerbrechen gemacht. Erst wollte ich mir dieses Blech selbst basteln, doch ich hatte irgendwie ein bisschen Sorge um die Stabilität vorne. Ich plane zwar nicht, einen Unfall mit Hein zu bauen – aber falls das einmal passiert, wären viele, kleine Bleche wahrscheinlich nicht so stabil, wie ein passend geformtes und auf Stoß eingesetzes Reparaturblech – das aber 53€ kosten sollte. Geld, das ich eigentlich ungerne ausgeben wollte. Drei Tage klingelt der Postbote an meiner Haustür…

Aber das wird eine andere Geschichte.

Über Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.
Dieser Beitrag wurde unter Der alte Kahn abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert